Der EZB-Rat hat auf der Sitzung in der vergangenen Woche beschlossen, den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität unverändert bei 0,25%, 0,75% bzw. 0,00% zu belassen.
EZB: Unveränderte Geldpolitik trotz diverser Probleme
Die Notenbank begründete den Verzicht auf neue geldpolitische Maßnahmen damit, dass die Lage sehr ungewiss sei und man zunächst weitere Informationen benötige. Sie betonte, dass der Leitzins längere Zeit auf dem aktuellen oder einem niedrigerem Niveau bleiben wird. Dies bedeutet, dass eine Zinssenkung (oder andere Maßnahmen) auf einer der nächsten Sitzungen durchaus noch möglich ist. Zumal die EZB derzeit diverse Probleme im Auge behalten muss.
Problem 1: Verhaltenes Geld- und Kreditwachstum
Sie bemängelte zum Beispiel, dass das Geld- und Kreditwachstum verhalten sei. Die Entwicklungen auf dem Geldmarkt werde genauestens beobachtet und die EZB sei bereits, entschiedene Maßnahmen zu ergreifen, sofern nötig.
Problem 2: Zu niedrige Inflationsraten
Was die niedrigen Inflationsraten angeht, so rechnet die EZB auf mittelfristiger Sicht mit einem anhaltenden Preisdruck und einer längeren Phase von niedriger Inflation. Langfristig sei mit einer Erholung der Inflation auf unter aber nahe 2% zu rechnen. Eine Deflation sei derzeit nicht zu sehen, da keine Preisrückgänge auf breiter Basis stattfinden. Die niedrige Inflation sei durch Nahrungsmittel- und Energiepreise bedingt.
Problem 3: Schleppende Wirtschaftserholung
Die moderate wirtschaftliche Erholung in Europa setzt sich aus Sicht der EZB fort. Insbesondere soll sich die Binnennachfrage positiv entwickeln. Bilanzbereinigungen im öffentlichen Sektor und bei Unternehmen werden das Wachstum aber weiterhin bremsen. Und die Schwellenländer könnten die Erholung in der Eurozone belasten. Die Eurozone zeige sich aber widerstandsfähig gegenüber den Turbulenzen, so Mario Draghi auf der Pressekonferenz im Anschluss an die EZB-Sitzung.
Wie geht es der europäischen Wirtschaft?
Über die Probleme auf dem Geldmarkt und die geringen Inflationsraten hatten wir am Mittwoch ausführlich berichtet. Wir kamen zu dem Fazit, dass die EZB angesichts steigender Geldmarktzinsen und deflationärer Tendenzen durchaus eine deutliche Reaktion zeigen dürfte. Leider blieb diese aus und damit auch das mögliche Kursfeuerwerk.
Was wir noch nicht betrachtet hatten, ist die Situation der Wirtschaft in Europa. Geht es der Eurozone bereits so gut, dass trotz der anderen Problemherde neue Liquiditätsspritzen nicht nötig sind? Dies werden wir uns in unserem kostenlosen Börsen-Newsletter „Geldanlage-Brief“ noch genauer ansehen.
Enttäuschende US-Arbeitsmarktdaten
Ein weiteres wichtiges und kursbewegendes Thema in dieser Woche war der US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag. Die neugeschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft in den USA beliefen sich im Januar nur auf 113.000. Erwartet wurden 185.000 neue Stellen. Dafür wurden die Daten der beiden Vormonate um insgesamt 34.000 nach oben revidiert. Die US-Arbeitslosenquote ist im Januar von 6,7% auf 6,6% und damit auf den tiefsten Stand seit mehr als fünf Jahren gesunken.
Arbeitsmarktdaten haben an Schrecken verloren
So kam es zu einer Patt-Situation – die Zahl der neugeschaffenen Stellen enttäuschte, die Arbeitslosenquote wusste dagegen zu überzeugen. Entsprechend fiel die Marktreaktion aus:
Nach einem ersten Kursrutsch erholten sich die Kurse schnell wieder. Die Arbeitsmarktdaten sorgten damit zwar kurzzeitig für Wirbel an den Märkten, insgesamt haben die Daten aber, wie im Geldanlage-Briefbeschrieben, weiter an Schrecken verloren.
Ausblick
In dieser Woche könnte es etwas gemächlicher zugehen. Wichtige Wirtschaftsdaten stehen, außer der für die Euro-Zone anstehenden Statistiken zum Bruttoinlandsprodukt, nicht auf der Agenda. Zwar wird zudem die neue Fed-Chefin Janet Yellen am Dienstag ihre erste Rede vor dem US-Kongress halten, doch neue Erkenntnisse dürften die Anleger hier nicht erhalten. Die Frage lautet daher, wie es charttechnisch weitergehen könnte. Antworten erhalten Sie im „Chart-Check“ des Geldanlage-Briefs.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Sven Weisenhaus