Will Europa eine eigenständige Lithiumproduktion in nennenswerter Größe aufbauen, führt am Jadar-Projekt in Serbien kein Weg vorbei. Doch noch sind Hürden zu nehmen: Es gibt großen Widerstand in der Bevölkerung.
Mit einer geplanten Produktion von 58.000 Tonnen raffiniertem Lithiumcarbonat in Batteriequalität pro Jahr könnte Jadar genug Lithium liefern, um eine Million Elektrofahrzeuge anzutreiben und 90 % des derzeitigen Lithiumbedarfs Europas zu decken. Die Reserven werden auf 158 Millionen Tonnen – das entspricht 17 % der gesamten Lithiumreserven Europas.
Rio Tintos Jadar-Projekt: Zwei Jahre bis zur Genehmigung?
Doch Jadar muss noch einige Hürden nehmen. 2022 war das Projekt aufgrund von Umweltbedenken auf Eis gelegt worden. Im vergangenen Monat hatte Serbien die Lizenz zur Erschließung erneuert. Weitere Genehmigungen sind erforderlich, um mit dem Bau einer Mine starten zu können. Diese Genehmigungen hängen laut Energieministerin Dubravka Đedović Handanović von Umweltverträglichkeitsprüfungen ab. Im August hatte die Ministerin gegenüber Reuters geäußert, bis die erforderlichen Genehmigungen vorlägen, könne es durchaus zwei Jahre dauern.
In trockenen Tüchern sind die Genehmigungen ohnehin noch nicht: Es gibt weiterhin viel Widerstand gegen das Projekt, den die Regierung um Präsident Aleksandar Vučić nicht einfach beiseite wischen kann. So gibt es immer wieder Proteste in ganz Serbien gegen die Realisierung des Lithiumprojekts.
Die Proteste setzen auch Vučić unter Druck. Er hatte Anfang August betont, dass es keinen serbischen Lithiumabbau "ohne Garantien" geben werde. Man werde "die besten Experten aus dem Ausland einladen, aber auch die besten serbischen Experten für Umweltschutz mitnehmen, diejenigen, die garantieren können, dass alle Menschen absolut sicher sind".
Jadar könnte Serbiens BIP um 12 Mrd. EUR steigern
Das Vučić ein Interesse an Jadar hat, liegt auf der Hand. Nachdem das höchste Gericht des Landes den Entzug der Lizenz aus dem Jahr 2022 für nichtig erklärt hatte, dauerte es kaum eine Woche, bis Serbien, die EU und Deutschland mehrere Abkommen unterzeichneten. Diese gewähren exklusiven Zugang zu serbischem Lithium.
Der Präsident muss nun die große Zahl der Gegner besänftigen – und gute Argumente gegen Umweltschutzbedenken vorlegen.
Vučić und Rio Tinto (LON:RIO) werben deshalb verstärkt um öffentliche Unterstützung für das Projekt. CEO Jakob Stausholm besuchte Anfang September gemeinsam mit dem Präsidenten Westserbien, um das Thema persönlich mit den Einheimischen zu besprechen.
Zudem war eine Delegation im Jadar-Tal und in Belgrad vor Ort. Zu den Teilnehmern gehörten auch hochrangige Verbandsvertreter von Euromines, Eurometaux, der International Lithium Association und des BDI.
Es ging um Themen, die bei Bergbauprojekten weltweit mittlerweile unverzichtbar sind: Maßnahmen zur Verringerung von Umwelt- und Abfallthematiken, kulturelles Erbe, kommunale und lokale wirtschaftliche Entwicklung.
Rio Tinto und die Regierung betonen die Vorteile von Jadar für die serbische Wirtschaft. Finanzminister Sinisa Mali zufolge könnte der Lithiumabbau Serbiens Wirtschaftsleistung jährlich um bis zu 12 Milliarden EUR steigern – vorausgesetzt, die Rohstoffgewinnung wird durch lokale Produktion von Batterien und Elektrofahrzeugen ergänzt.
"Serbien kann sich in Europa an die Spitze setzen"
Chad Blewitt, Managing Director für Jadar bei Rio Tinto, weist auf die Chancen für das Land hin: "Um den erwarteten Bedarf an strategischen Rohstoffen zu decken, müssen in ganz Europa neue, große Minenprojekte entstehen. Dies wird einen erheblichen Anstieg an neuen Fähigkeiten, Innovationen und Wissensaustausch erfordern. Jadar bietet Serbien die einmalige Gelegenheit, sich an die Spitze der Green und Digital Transition in Europa zu setzen".
Dies betont Rio Tinto auch in der Vorstellung des Jadar-Projekts: "Die Größe und die Hochwertigkeit des Vorkommens in Jadar bieten das Potenzial für eine Mine, die jahrzehntelang Lithiumprodukte für die Wertschöpfungskette von Elektrofahrzeugen liefern und Serbien als potenzielles europäisches Zentrum für grüne Energie positionieren kann".
Deutschland und die EU haben schon mangels Alternativen ein großes Interesse an der Realisierung von Jadar. Im jüngsten Draghi-Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit Europas wurde der Bergbau als ein zentraler Sektor erwähnt. Rio Tinto hofft, "dass der Bericht die politische Unterstützung für die Weiterentwicklung neuer Projekte weiter fördern wird".