Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1135 (05:56 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1119 im US-Geschäft markiert wurde: Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 140,19. In der Folge notiert EUR-JPY bei 156,11. EUR-CHF oszilliert bei 0,9647.
Märkte: Durchwachsen mit Fissuren am Ende
Die Finanzmärkte erfreuten sich gestern zunächst fortgesetzter Risikobereitschaft, um dann diese Bereitschaft in Teilen aufzugeben. Die Daten der Eurozone stellten keine Belastung dar.
Die Veröffentlichung der US-Arbeitslosenerstanträge, die um 14.000 niedriger als erwartet ausfielen, forcierte Zinssorgen, die die Renten- und in der Folge die Aktienmärkte belasteten. Insbesondere der NASDAQ (-2,12%) litt unter dieser Entwicklung, da diverse Quartalsergebnisse aus dem Sektor zudem Erwartungen nicht erfüllten. Aus Taiwan erreichten uns prekäre Daten (siehe Datenpotpourri), Exportaufträge brachen im Jahresvergleich um mehr als 24% ein. Diese Daten sind eine Mahnung an Europa, was bei Deindustrialisierung durch „Freunde“ passieren kann.
Die Rentenmärkte standen unter Druck. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe stellt sich heute früh auf 2,45% nach 2,39% am Vortag, während die 10-jährige US-Staatsanleihe mit einer Rendite in Höhe von 3,85% aufwartet (Vortag 3,77%).
Der USD legte wegen veränderter Zinserwartungen zu Gunsten des USD gegenüber dem EUR zu und konnte sich bis auf 1.1119 befestigen. Gold und Silber verloren überschaubar an Boden.
Konservative erleiden Wahlschlappe bei Nachwahlen
Premierminister Sunak erlitt bei Nachwahlen eine Schlappe. Drei Wahlkreise mussten ihre Vertreter im Parlament neu wählen. Zwei Wahlkreise gingen für die Konservativen verloren, einer an Labour und einer an die Liberalen. Nur der Wahlkreis von Ex-Premier Johnson konnte verteidigt werden. Premier Sunaks Zustimmungswerte sind derzeit auf dem niedrigsten Stand seit seinem Amtsantritt im Oktober letzten Jahres. Viele Briten sind wegen der hohen Inflation, steigender Steuern und der Stagnation der Wirtschaft und des Brexit frustriert.
Kommentar: Die Unzufriedenheit gibt es nicht nur im UK. Laut der aktuellen Wahlumfrage des Deutschlandtrends käme die aktuelle Ampelregierung auf einen Stimmenanteil von nur noch 38%, also keine ansatzweise Mehrheit. Einigen Regierungen Europas gehen Mehrheiten verloren (zuvor NL),. Haben Bürger dieser Länder den Eindruck einer mangelnden Loyalität ihrer Regierungen gegenüber den Interessen der eigenen Bürger und den daraus erwachsenen Notwendigkeiten?
OECD Frühindikatoren stabil auf mäßigem Niveau
Hintergrund: Frühindikatoren liefern Erkenntnisse über den zukünftigen Konjunkturverlauf. Der Frühindikator der G-20 Länder, der von der OECD ermittelt wird, erholte sich seit 10/2022 leicht. Per Berichtsmonat Juni hat sich der Indikator für G-20 nicht weiter verändert und liegt wie im Vormonat bei 99,5 Punkten. Ein Indexstand von 100 Punkten impliziert den durchschnittlichen Wachstumspfad der letzten fünf Jahre.
In nachfolgender Tabelle sind Werte unterhalb des Durschnitts der G-20 Länder in rot eingefärbt.
Bewertung in Bullet Points:
Die OECD Frühindikatoren signalisieren eine Fortsetzung des unterproportionalen Wachstumspfads der Weltwirtschaft. Der Anstieg von dem Tiefpunkt bei 99,0 Zählern per Oktober 2022 auf zuletzt 99,5 Punkte impliziert eine Stabilisierung der Rahmenbedingungen in der Weltwirtschaft. Die aktuelle Indikation der Frühindikatoren deckt sich mit den Prognosen seitens sowohl des IWF als auch der Weltbank.
• Der "Globale Süden" sticht im Konzert der G-20 Nationen den Westen markant aus. Dort sitzt die Stabilität und das Wachstumspotenzial der Weltwirtschaft. Auch das deckt sich mit den Prognosen des IWF und der Weltbank.
• Die innereuropäische Bewertung wirft hingegen Fragen auf. Deutschlands Werte stechen seit Monaten positiv hervor, obwohl Deutschland nachweislich am stärksten Dynamik im europäischen Vergleich verlor und sich die Position als Schlusslicht der großen europäischen Wirtschaftsnationen "politisch erarbeitete". Das waren und sind Fehlsignale.
• Die Bewertung innerhalb des Westens unterstreicht, dass Europa der Verlierer gegenüber den USA (kein Energieproblem) und auch Japan (Energiesanktionen nur auf dem Papier) ist.
Fazit: Ohne Energiesicherheit und preisliche Konkurrenzfähigkeit werden Westeuropa und Deutschland fortgesetzt Verlierer der Weltwirtschaft bleiben.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Daten stellten keine Belastung dar
Die Leistungsbilanz der Eurozone wies per Mai einen Überschuss in Höhe von 9,1 Mrd. EUR nach zuvor 3,8 Mrd. EUR aus (revidiert von 4,0 Mrd. EUR). Der Index des Verbrauchervertrauens der Eurozone verzeichnete per Juli gemäß vorläufiger Berechnung einen leichten Anstieg von -16,1 auf -15,1 (Prognose -16,0).
Deutschland: Die Erzeugerpreise sanken per Berichtsmonat Juni im Monatsvergleich um 0,3% (Prognose -0,4%, Vormonat -1,4%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 0,1% (Prognose 0,0%, Vormonat 1,0%).
Frankreich: Der Geschäftsklimaindex für die Gesamtwirtschaft stellte sich per Juli unverändert auf 100 Punkte. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe war gleichfalls unverändert bei 100 Zählern (Vormonat revidiert von 101 auf 100).
USA: Daten weitgehend im Rahmen der Erwartungen
Die Arbeitslosenerstanträge lagen per 15. Juli 2023 bei 228.000 (Prognose 242.000) nach zuvor 237.000. Der Philadelphia Fed Business Index stellte sich per Juli auf -13,5 Zähler (Prognose -10,0) nach zuvor -13,7 Punkten. Der Absatz zuvor genutzter Wohnimmobilien lag per Juni in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung bei 4,16 Mio. (Prognose 4,20 Mio.) nach zuvor 4,30 Mio. Objekten. Der Index der Frühindikatoren nach Lesart des Conference Board sank per Juni um 0,7% (Prognose -0,6%) nach zuvor -0,6% (revidiert von -0,7%).
Japan: Anstieg der Verbraucherpreise (J) legte geringfügig zu
Die Verbraucherpreise als auch die Kernrate der Verbraucherpreise stiegen per Juni im Jahresvergleich auf 3,3% nach zuvor 3,2%.
Taiwan: Exportorders brachen um 24,9% ein! - Mahnung an Europa!
Der Auftragseingang im Exportsektor kollabierte im Jahresvergleich per Juni um 24,9% (Prognose -20,0%) nach zuvor -17,6%. Das Thema Deindustrialisierung Taiwans durch das IRA-Programm spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Nachfolgender Chart sollte eine Mahnung für Brüssel, Paris und Berlin sein.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,0820 – 1,0850 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
Hinweis: Der Hellmeyer Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der Netfonds AG (ETR:NF4), die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der Netfonds AG und dem jeweiligen Empfänger zustande.
Die im Hellmeyer Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Hellmeyer Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Hellmeyer Reports, die in dem Hellmeyer Report als Ansprechpartner benannt werden.
Die im Hellmeyer Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Hellmeyer Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Hellmeyer Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.