Die Five Eyes-Staaten sorgen sich um Preismanipulationen bei kritischen Rohstoffen. Die Gegenmaßnahme: Eine stärkere Integration westlicher Lieferketten bei gleichzeitigem Aufbau von Hürden für nicht-westliche Lieferketten. Viele Rohstoffmärkte stehen absehbar vor einer Aufspaltung.
Die Five Eyes Allianz (ETR:ALVG) – bestehend aus den USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland – sorgt sich um Preismanipulation bei kritischen Metallen und will dagegen vorgehen. Diese Absicht äußerte Kanadas Finanzministerin Chrystia Freeland am Dienstag.
Die USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland verfügen über das sogenannte Five Eyes-Netzwerk zum Informationsaustausch über ihre Geheimdienste.
Freeland führte aus, dass sie sich mit den Finanzministern der vier anderen Länder am Rande der Frühjahrssitzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington getroffen habe. Bei dem Treffen sei es um die Lieferketten für kritische Mineralien gegangen. Die Minister hätten erörtert, wie das Preisdumping auf dem Weltmarkt durch große Produzenten wie China und Indonesien bekämpft werden könne.
"Friendshoring" für sichere Lieferketten
Das Schlüsselwort heißt "Friendshoring" und ist konzeptuell bereits im Inflation Reduction Act (IEA) der USA vorgesehen. Als Friendshoring wird die Bevorzugung von Ländern in Handelsverträgen und bei Subventionen bezeichnet, die als politische und wirtschaftliche Verbündete gelten. Dadurch sollen geopolitisch sichere Lieferkettennetzwerke aufgebaut werden.
Freeland zufolge sind Kanada und die anderen Länder beunruhigt, weil einige Länder den Markt mit Nickel und seltenen Mineralien regelrecht überschwemmen. Das Ziel der Überproduktion: Westliche Unternehmen aus dem Geschäft zu drängen.
Der Ministerin zufolge wird an "kollektiven Antworten" gearbeitet. Wirtschaftliche Sicherheit sei Teil der nationalen Sicherheit – auch dieses Prinzip ist aus den USA bereits hinlänglich bekannt.
Bereits im März hatte sich Kanadas Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, besorgt im Hinblick auf die Preismanipulation von EV-Metallen geäußert. Kanada versucht ebenso wie die USA mit dem IRA, Investoren durch Steueranreize anzuziehen.
Die Pläne der Five Eyes sprechen mehr denn je dafür, dass sich bestimmte Rohstoffmärkte in einen westlichen Markt und einen anderen Markt aufspalten könnten. Anreizmodelle wie der IRA sehen etwa vor, dass Unternehmen unter chinesischer Kontrolle nicht für Steuergutschriften qualifiziert sind. Deren Produkte dürfen somit in der Lieferkette nicht auftauchen, wenn EV-Hersteller Subventionen nutzen wollen.
Der Branchendienst Fastmarkets erwartet im Hinblick auf die USA, dass die Beschaffungsanforderungen für die Berechtigung zu Steuergutschriften im Rahmen des IRA zu einem Preisaufschlag im Vergleich zu anderen Regionen führen werden. Vieles spricht dafür, dass es diese Preisaufschläge früher oder später in der gesamten westlichen Lieferkette gibt.
Die Preise vieler Rohstoffe sind in den letzten Jahren deutlich gefallen. So hat etwa der Lithiumpreis zeitweise um 80 % nachgegeben – obwohl die übergeordnete Nachfrageentwicklung weiterhin enorm dynamisch ist.
Fastmarkets rechnet damit, dass die Lithiumnachfrage durch Elektrofahrzeuge in den USA mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 29 % von 70.000 Tonnen Lithiumcarbonatäquivalent (LCE) im Jahr 2023 auf 412.000 Tonnen im Jahr 2030 wachsen wird.
Während der Absturz der Lithiumpreise auf verschiedene Faktoren – zum Beispiel die hinter den Erwartungen zurückbleibende Nachfrage nach Elektroautos – zurückzuführen ist, machen Marktbeobachter bei seltenen Erden vor allem China für die nach wie vor niedrigen Preise verantwortlich. Die niedrigen Preise erschweren zum Beispiel die Kapitalbeschaffung für Explorationsunternehmen, die neue Projekte im Frühstadium entwickeln.
Auch der Absturz des Nickelpreises hat mit China zu tun. Zwar wurde das Angebot in den vergangenen Jahren nominell durch starkes Wachstum in Indonesien ausgeweitet. Das Land produziert bereits mehr als die Hälfte des weltweiten Angebots und weitet die Produktion fortgesetzt aus. Zuletzt wurden Genehmigungen für höhere Nickel- und Zinnquoten bekannt gegeben, die Quoten zudem für längere Zeiträume vergeben.
China ist in der indonesischen Bergbauindustrie stark vertreten und kann damit ebenso wie bei seltenen Erden Markteintrittsbarrieren für westliche Konkurrenten errichten -sofern der Westen nicht eigene, fragmentierte Märkte schafft.