(DailyFX.de) – Die politische Situation in der Türkei ist angespannt, die türkische Lira ist zum US-Dollar auf ein Allzeit-Tief gefallen und hat weiteres Abwertungspotential.
Bereits im August verwies ich durch die fragile Situation in Schwellenländer-Währungen (und somit auch in der türkischen Lira (TRY)) durch die Taper-Spekulation und anziehenden US-Zinsen auf weiteres Abwertungspotential und hohe Volatilität in Emerging-Markets-Währungen in den kommenden Monaten.
Ich wiederholte meine Einschätzung noch einmal im November, bezog mich hier zwar speziell auf die Entwicklung in der indischen Rupie, attestierte dem USD/TRY allerdings auch Aufwertungspotential über 2,10 TRY in den kommenden zwölf Monaten.
Die erneute Bewegung in Richtung 2,10 wurde durch die Antizipation des FED-Tapers an den Anleihemärkten und das Anziehen der US-Zinsen bspw. 10-jähriger US-T-Notes in Richtung der 3,00% Marke eingeleitet, fand nun allerdings durch die politischen Unruhen in der Türkei einen Katalysator, welcher für ein deutliches Überwinden der 2,10er Marke sorgte, den Wechselkurs der USD/TRY in der Spitze auf 2,1770 anziehen ließ und weiteres Abwertungspotential der TRY beinhaltet.
Der steile Kursanstieg im USD/TRY von 4,8% am Donnerstag und Freitag nach Weihnachten lässt erahnen, wie explosiv die Situation in nahezu allen Schwellenländer-Währungen ist, kommt es dort zu politischen Unruhen oder eben zu stärkeren Schwankungen/anziehenden Zinsniveaus an den US-Anleihemärkten.
Die aggressive Abwertung der türkischen Lira in den letzten zwei Tagen ist demnach mit einer steigenden Unsicherheit der Marktteilnehmer zu erklären.
Die vielen billigen US-Dollar haben in der Türkei unter der Führung der konservativ-islamischen Partei AKP unter Premier Erdogan vor etwa zehn Jahren einen starken Wirtschaftsaufschwung begünstigt. So hat seit Beginn der Regierung Erdogan bspw. das türkische BIP im Schnitt rund 5% zugelegt:
Während ich in den oben erwähnten Artikeln thematisierte, dass eine solche Kapitalflucht initiiert werden könnte und würde durch ein unattraktiver werden des klassischen Carry-Trades (kurz: „Verschulde dich billig in USD und investiere in Hochzinsländern wie bspw. der Türkei“), sorgt die Unsicherheit über die politische Zukunft der Regierung Erdogan durch die Korruptionsvorwürfe nun für eine erste Kapitalflucht und einen einsetzenden Teufelskreis.
Die stete aggressive Ausweitung der türkischen Handelsbilanz, besonders durch kaum vorhandene Ölreserven sorgt dafür, dass die Finanzierung dieses Handelsbilanzdefizits durch bspw. US-Dollar erfolgt. Hierdurch wird es notwendig, dass mehr türkische Lira benötigt werden um den Import solcher Güter wie Öl zu finanzieren. „Kapital-Schwemmen“ des Marktes mit türkischer Lira durch die türkische Notenbank, bspw. durch die weitere Senkung des türkischen Leitzinses und somit die weitere Abwertung der TRY würde notwendig und das Spiel beginnt von vorne…
Abzuwarten bleibt, wie sich die politische Situation in der Türkei entwickelt. Meiner Meinung wird zunächst sowohl das Absetzen von Premier Erdogan, als auch die Fortführung seiner Regierung in der Lage sein für eine Stabilisierung der türkischen Leitwährung zu sorgen, sprich eine Gegenbewegung im USD/TRY zurück in Richtung 2,1000 TRY einleiten. Durch die hohen Schwankungen in Emerging-Markets-Währungen sind auch Korrekturen in den Bereich um 2,0850 und darunter in die Gefilde um 2,0550 / 0610 denkbar.
Doch bereits hier würde ich wieder nach Long-Einstiegen Ausschau halten. Grund sind hier weniger politische Unsicherheiten. Eher werden die zwangsläufigen Zinsanstiege an den US-Anleihemärkten über kurz oder lang erneute Kapitalflüchte auch aus der türkischen Lira (und aus anderen Schwellenländer-Währungen wie der indonesischen Rupiah, indischen Rupie oder dem brasilianischen Real) initiieren. Kursziele für die USD/TRY auf der Oberseite sehe ich dann zunächst im Bereich zwischen 2,2300 / 2500. Ein nachhaltigerer Fall zurück unter das Niveau von 2,0000 TRY erachte ich zum aktuellen Zeitpunkt als sehr unwahrscheinlich.
Analyse geschrieben von Jens Klatt, Chefanalyst von DailyFX.de