Brasiliens Anteil an den Reserven kritischer Rohstoffe ist groß, sein Anteil an der Produktion dagegen gering. Die Lücke dazwischen haben die USA ebenso wie China als Potenzial erkannt. Im September wurde ein wichtiges Dialogformat zwischen Washington und Brasilia wieder aufgenommen.
Im August veröffentlichte das Center on Global Energy Policy – das zur Columbia University gehört – einen langen Beitrag zur "potenziellen Rolle Brasiliens bei der Diversifizierung der US-amerikanischen Versorgung mit kritischen Mineralien".
Eine Quintessenz der Analyse: Ein potenzielles Abkommen über kritische Mineralien zwischen den USA und Brasilien könnte den Bedarf der USA decken und gleichzeitig dem chinesischen Einfluss entgegenwirken.
Brasiliens Rohstoffreserven: Potenzial eines Gamechangers
Die Autoren verweisen auf die großen brasilianischen Rohstoffreserven. Das Land verfügt demnach über etwa ein Viertel der weltweiten Graphitreserven und knapp 15 % der weltweiten Nickel- und Manganreserven.
Der Anteil an der weltweiten Produktion liegt bei Graphit, Seltenen Erden, Mangan, Nickel und Lithium deutlich unter dem Anteil an den weltweiten Reserven: Es besteht also noch Potenzial nach oben.
Ein Vergleich mit China drängt sich auf. Die Volksrepublik verzeichnet einen Anteil von 76,8 % an der weltweiten Produktion von natürlichem Graphit und von über 90 % an raffiniertem Kugelgraphit. 26,42 % der weltweiten Graphitreserven lagern jedoch in Brasilien.
Bei Seltenen Erden produziert China 70 % des weltweiten Angebots. Brasiliens Anteil an den weltweiten Reserven liegt bei 19,09 %. Nickel und Mangan produziert China vorrangig in anderen Ländern (z.B. Indonesien und DR Kongo), ist aber maßgeblich an der Weiterverarbeitung beteiligt.
China verarbeitet etwa 70 % des Nickelsulfats und 90 % des Mangans zu der hochreinen Form, die in Batterien eingesetzt wird. Brasiliens Anteil an den weltweiten Manganreserven liegt bei 14,21 %, der Anteil an den Nickelreserven bei 12,31 %.
Brasilianische Rohstoffe sind CO2-arm
Rohstoffe aus Brasilien sind für Abnehmer auch im Hinblick auf CO2-Emissionen interessant. Der brasilianische Energieressourcenmix besteht zu etwa 45 % aus erneuerbaren Energien (z. B. Wasserkraft).
Die Politik und Bergbaubranche im Land haben Brasiliens Potenzial bereits erkannt. "Brasilien investiert rasch in den Ausbau seiner gesamten Bergbauaktivitäten. Derzeit sind mehr als 9.000 aktive Bergbauprojekte im Gange und für den Zeitraum zwischen 2024 und 2028 werden private Investitionen im Bergbausektor von 64,5 Mrd. USD prognostiziert", heißt es in der Analyse.
Die Regierung arbeitet an einem strategischen nationalen Plan für kritische Mineralien, der unter anderem darauf abzielt, die nationale Bergbaubehörde umzustrukturieren und 70.000 Bergbaulizenzen freizugeben, die noch auf ihre Genehmigung warten. Diese und weitere Maßnahmen sollen Investitionen anziehen.
Investitionen aus dem Ausland: Westliche Investoren oder China?
Der entscheidende Punkt: Der Großteil der geplanten Privatinvestitionen wird aus dem Ausland kommen. "Woher dieses Geld kommt, wird sich gleichzeitig auf die globale Energiewende und die Geopolitik auswirken". Insbesondere chinesische Unternehmen investieren bereits verstärkt in den Bergbau des Landes.
Ein Abkommen über kritische Mineralien – das Rohstoffe aus Brasilien unter anderem für Steuervergünstigungen aus dem Inflation Reduction Act qualifizieren würde – könnte Investitionen mobilisieren und die Lieferketten unabhängiger von China machen.
Doch auf dem Weg dahin sind noch einige Hürden zu nehmen – insbesondere in den Bereichen Umweltschutz und Genehmigungsverfahren. So sei es "von größter Bedeutung, ein Gleichgewicht zwischen der Erleichterung der Lizenzgenehmigungen und der Einbeziehung der Interessengruppen in Bezug auf Umwelt- und indigene Rechte zu finden", heißt es in dem Bericht.
Auch seien die Bergbausteuern nach wie vor hoch und das allgemeine Steuerumfeld komplex – und zudem über verschiedene Gerichtsbarkeitsebenen verteilt.
Auch ohne den Abschluss eines Abkommens arbeiten die USA jedoch erkennbar daran, den brasilianischen Bergbau nicht chinesischen Investoren zu überlassen. Die US-Export-Import Bank etwa unterstützte im vergangenen Jahr das australische Unternehmen Meteoric Resources mit 250 Mio. USD bei der Investition in eines der weltweit größten Seltenerdprojekte: Caldeire im Bundestaat Minas Gerais.
Anfang September gaben die USA und Brasilien die Wiederaufnahme des Dialogs über strategische Mineralien bekannt. Dies könnte eine Vorstufe für ein späteres Abkommen darstellen.