Der sentix Bericht sieht für Gold und Silber derzeit eine „konstruktive Situation“. Eine positive Grundstimmung der Anleger trifft auf zunehmend neutrales Sentiment und eine rückläufige Anlegerpositionierung. Ein Blick auf den Wochenchart wirft jedoch Fragen auf.
Der sentix Stimmungsindex befasst sich in dieser Woche unter anderem mit Gold und Silber. Dabei wird die Entwicklung des Goldpreises im Kontext des strategischen Bias sowie der Positionierung der Anleger (Non-Commercials laut Commitment of Traders Report) betrachtet.
Das Fazit der Experten: Der sogenannte Bias für Gold zeigt sich konstruktiv. Anleger rückten nicht von ihrer positiven Grundhaltung zu dem Edelmetall ab. Gleichzeitig neutralisiere sich das Sentiment, während sich viele Anleger auf dem Rückzug befänden.
Anleger verlassen den Markt trotz positiver Grundhaltung
Der strategische Bias bezeichnet die mittelfristigen Markterwartungen. Mittelfristig bedeutet hier sechs Monate. Dargestellt wird die strategische Sicht der Anleger sowie die grundsätzlichen Überzeugungen im Hinblick auf den Markt (in diesem Fall Gold). Der Indikator signalisiert laut der Beschreibung auf der sentix Website die grundsätzliche Kauf- und Verkaufsbereitschaft der Marktteilnehmer.
Dieser Bias ist in den vergangenen Wochen deutlich von 0,3 auf ca. 0,41 angestiegen. Der Index soll laut den Machern des sentix nicht antizyklisch bewertet werden und laufe dem Gesamtmarkt oft vielmehr mehrere Wochen voraus.
Das sich neutralisierende Sentiment bedeutet, dass sich die kurzfristige Markterwartung (kurzfristig bedeutet einen Monat) nicht in einem kritischen Bereich befindet. Ein zu hohes Sentiment etwa geht mit dem Risiko von Kursrücksetzern einher.
Auffällig ist, dass die Anlegerpositionierung in den vergangenen Monaten deutlich rückläufig war. Der CEI1GNCN Index, der die Nettopositionen von sogenannten Non-Commercial-Anlegern in Terminkontrakten auf Gold misst, hat sich seit Ende März/Anfang April in etwa halbiert. Der Index befindet sich nun auf dem tiefsten Stand seit Mitte 2019.
Als Non-Commercial-Anleger werden Marktteilnehmer bezeichnet, die vorwiegend aus spekulativen Gründen am Markt vertreten sind (und nicht etwa zur Absicherung physischer Bestände).
„Schere von Bias und Positionierung“ geht auf
In der Summe lässt sich also konstatieren: Die Positionierung der Anleger ist stark rückläufig, die mittelfristige Grundhaltung wieder deutlich optimistischer. Die sentix Experten schlussfolgern, damit öffne sich eine Schere von Bias und Positionierung – zugunsten von Gold.
Ein ganz ähnliches Bild zeichnet der aktuelle sentix Bericht für den Silbermarkt. Auch hier lässt sich eine deutlich rückläufig Anlegerpositionierung erkennen. Die Nettopositionierung der Anleger liegt laut dem CEI1SNCN Index nahe Null. Der strategische Bias ist dagegen zuletzt von rund 0,1 auf 0,4 emporgeschnellt.
Im relativen Vergleich von Gold und Silber schneidet das gelbe Edelmetall laut sentix derzeit besser ab.
Viele Anleger von Gold und Silber enttäuscht: Kommt die Inflationsrallye noch?
Viele Anleger sind von der Entwicklung der Gold- und Silberpreise in den letzten Monaten enttäuscht. Silber etwa kostete Anfang März noch 26 USD pro Feinunze – aktuell werden knapp 18 USD gezahlt. Der Goldpreis erreichte sein Hoch ebenfalls Anfang März – damals wurden 2.075 USD pro Feinunze gezahlt. Aktuell notiert der Preis bei 1.710 USD.
Viele Anleger – vor allem jene, die Edelmetalle als Inflationsschutz betrachten und hier relativ spät eingestiegen sind – sind nun überrascht von der schwachen Entwicklung. Ein Grund für die mäßige Kursentwicklung ist die Zinswende. Da Notenbanken weltweit die Zinsen anheben, steigen die Opportunitätskosten für (unverzinste) Edelmetallinvestments.
Charttechnisch befindet sich Gold derzeit am unteren Ende einer Handelsspanne, die von ca. 1.680 USD bis 2.075 USD reicht. Der Kursbereich am unteren Ende der Handelsspanne wurde – im Wochenchart – bereits fünfmal getestet.
Aus charttechnischer Sicht befindet sich auf diesem Niveau somit eine signifikante Unterstützung, die durchaus eine Korrektur der jüngsten Abwärtsbewegung auslösen könnte. Umgekehrt würde ein Unterschreiten der Unterstützung aus technischer Sicht erhebliches Potenzial für weitere Kursverluste eröffnen.