In seiner mit Spannung erwarteten Rede hat Notenbank-Präsident Jerome Powell am Donnerstagnachmittag auf dem Online-Symposium der amerikanischen Fed in Jackson Hole eine strategische Neuausrichtung der US-Geldpolitik angekündigt. Demnach strebt die Fed zukünftig ein Inflationsziel von 2% nur noch im durchschnittlichen Zeitverlauf an, welches zudem flexibel gehandhabt werden soll. Insgesamt gibt sich die Fed eine Art Freifahrtschein, um die ultralockere Geldpolitik auch in Phasen höhere Inflationsraten fortführen zu können. Außerdem erhält der Arbeitsmarkt und das damit verbundene Ziel der maximalen Beschäftigung einen deutlich höheren Stellenwert.
Die Märkte quittierten die Rede vor allem mit hoher Volatilität, denn bislang wurden die Inflationsziele seit 2012 konsequent jedes Jahr verfehlt. Powells Statement enthielt letztlich keine Überraschungen, denn die strategische Neuausrichtung der Geldpolitik war so bereits im Vorfeld erwartet worden. Zudem hatte Powell nicht erklärt, wie man denn nun genau die Inflation anheben will. Gleichzeitig erhöhen die Ankündigungen der Fed den Druck auf die anderen Notenbanken, welche in den letzten Monaten und Jahren teilweise schon deutlich aggressiver bzw. lockerer als die Fed ihre jeweiligen Bilanzen durch Gelddrucken ausgeweitet hatten. Neben der EZB, die wöchentlich zwischen 10 und 30 Mrd. Euro aus dem Nichts erzeugt, sind es primär die japanische Notenbank (BoJ) als auch die schweizerische Nationalbank (SNB), welche das größte geldpolitische Experiment der Geschichte anführen.
Für die Gold-und Silberpreise sind das alles Entwicklungen, die mittel- und langfristig deutlich höhere Kurse erwarten lassen. Kurzfristig kam es aber während Powells Rede beim Gold nach einem Anstieg bis auf 1.975 US-Dollar innerhalb von gerade einmal 45 Minuten zu einem heftigen Kurssturz bis auf 1.910 US-Dollar. Auch am Silbermarkt war die Volatilität mit über 5% sehr hoch. Hier ging es zunächst rauf bis 27,90 US-Dollar, bevor die Notierungen dann sehr schnell bis auf 26,50 US-Dollar abstürzten. Offensichtlich sollte Powell hier kurzfristig „gut aussehen“, so dass das „Fieberthermometer Gold“ nicht direkt steigen durfte. Am heutigen Freitagvormittag sind die Verluste aber schon wieder aufgeholt und sowohl Gold als auch Silber stehen höher als vor der Rede von Jerome Powell.
Langfristig stehen die Chancen für deutlich höhere Silberkurse gerade aufgrund der weltweiten expansiven Geldpolitik insgesamt sehr gut. Silber ist und bleibt das inflationssensibelste Edelmetall und hat trotz der zuletzt fulminanten Rally weiterhin großes Aufholpotenzial zum Gold. Anleger sollten sich also grundsätzlich eher auf Silber fokussieren. Sollte dem Silberpreis in den kommenden ein bis drei Jahren auch der Sprung über die Marke von 50 US-Dollar gelingen, sind dank den Notenbanken auf Sicht von vielleicht fünf Jahren auch dreistellige Kurse denkbar.
Tageschart Silber in US Dollar – Weiterhin stärker als Gold
Nach langer Leidenszeit gab es in den letzten vier Monaten für die Silberbullen endlich wieder Anlass zur Freude. So konnten die Silbernotierungen ausgehend vom „Corona-Tief“ bei 11,64 US-Dollar am 18.März bis zum letzten Hochstand bei 29,88 US-Dollar am 7.August um sage und schreibe 156,49% in 142 Tagen ansteigen. Insbesondere im Juli trumpfte Silber plötzlich mit lange nicht gesehener Stärke auf und konnte problemlos zahlreiche Widerstände und Hürden überspringen. Erst kurz unter der runden Marke von 30 US-Dollar musste die Silberbullen den Rückzug antreten!
Im Gegensatz zum Goldpreis hinterlässt Silber aber auch in der laufenden Korrektur bzw. Konsolidierung der letzten drei Wochen einen wesentlich stärkeren Eindruck. Zwar kam es in der ersten Korrekturwelle schon zu einem tiefen und extrem scharfen Rücksetzer bis auf 23,44 US-Dollar (=-21,5%). Trotzdem ist der letzte Hochpunkt in Reichweite geblieben und die Korrektur nimmt bislang eine Art symmetrisches Dreieck an. Ob die am 7.August begonnene Korrektur lediglich ein scharfer Rücksetzer im Aufwärtstrend (also ein „Korrektürchen“) bleibt oder ob da doch noch deutlich mehr kommt, lässt sich daher momentan nur schwer einschätzen. Auf Basis der Geldpolitik (Crack Up Boom) sollten alle Assetklassen einfach weiter steigen und damit auch die Preise für Gold und Silber.
Allerdings werden die Emotionen der Marktteilnehmer aktuell fast täglich an den Edelmetallmärkten in die ein oder andere Richtung geschleudert. Die extreme Volatilität sorgt hier für atemberaubende Bewegungen und ständig neue Fragezeichen, in welche Richtung es denn nun kurzfristig weitergeht. Nach dem gewaltigen Kursanstieg in diesem Jahr wäre eine mehrwöchige bzw. mehrmonatige Verschnaufpause nur gesund und wünschenswert. Zumindest die steigende 50-Tagelinie (22,74 US-Dollar) sollte dabei auf Unterstützung getestet werden. Zieht man hinsichtlich eines Rücksetzers die Fibonacci Retracements Level zu Rate, wäre das „typische erste Drittel“ der Aufwärtsbewegung erst mit Kursen um 22,90 US-Dollar korrigiert. Genau in diese Zone stößt die 50-Tagelinie in den kommenden Wochen vor. Soll der fulminante Anstieg hingegen richtig schmerzlich korrigiert werden, wartete das 61,8%-Retracement erst weit entfernt bei 18,60 US-Dollar. Auf Basis der aktuellen Lage würde wohl ein Rücksetzer in Richtung von ca. 22,80 bis 23,20 US-Dollar schon genügend neue Käufer in den Markt locken.
Gleichzeitig würde aber auf der Oberseite schon ein nicht allzu weit entfernter Anstieg über 28,50 US-Dollar wohl die Bestätigung einer unmittelbaren Fortsetzung der Rally liefern. Kurzfristig sieht es sowieso nach höheren Kursen aus. Je nachdem wie weit sich die Bullen nun nochmal nach Norden vorarbeiten können wird wohl entscheiden, ob der fulminante monatelange Anstieg beim Gold und Silber tatsächlich noch schmerzhafter korrigiert werden muss oder ob die heiß laufenden Druckerpressen einen gesunden Rücksetzer verhindern..
Insgesamt empfiehlt sich weiterhin Geduld und Zurückhaltung. Nach dem starken mehrmonatigen Aufwärtstrend befinden sich die Gold- und Silberpreise seit drei Wochen in einer korrektiven Phase, deren Ende noch nicht absehbar ist. Dabei können wilde und zerfahrene Bewegungen wie in den letzten Tagen auch schon für genügend Korrektiv und Streckfolter sorgen, ohne dass es zu einem dramatischen Ausverkauf und extrem tiefen Kursen kommen muss. Vermutlich wird sich die Lage erst nach der US-Wahl im November eindeutig und nachhaltig lichten. Bis dahin sollte man aber jeden Rücksetzer unter 23,00 US-Dollar beim Silber für Zukäufe nutzen
Silber in Euro: Kauflimit wird auf 20,00 Euro angehoben
Der erste scharfe Rücksetzer warf den Silberpreis vor zweieinhalb Wochen schon bis auf 20,07 Euro zurück. Das erste Fibonacci Retracement (38,2%) liegt bei 19,57 Euro. Genau hier verläuft derzeit auch die 50-Tagelinie (19,50 Euro). Damit bietet sich ein Kauflimit bei 20,00 Euro an, um bei einem weiteren Rücksetzer günstig in den Silbermarkt einzusteigen. Die 200-Tagelinie hingegen bewegt sich weit entfernt vom aktuellen Kursgeschehen in der Nähe des 61,8%-Fibonacci Retracements bei 16,18 Euro. Ob Silber tatsächlich nochmal so tief zurücksetzen wird, ist doch sehr fraglich geworden. Trotzdem sind Kurse unterhalb von 18 Euro bis zum Jahresende nicht ganz auszuschließen.