Das weltgrößte Unternehmen für Videospiele, der chinesische Konzern Tencent (HK:0700), gab gestern seine Quartalszahlen bekannt, und diese sehen nicht gut aus. Die Umsätze stagnieren und der Quartalsgewinn ist im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte geschrumpft, was die schlechteste Performance seit seinem Börsengang 2004 ist. Ein wichtiges Standbein des Konzerns sind Werbeeinnahmen, die zum Q1 2021 um 18% gesunken sind. Argumente gibt es dafür viele, aber keines scheint so wirklich Biss zu haben – bis auf eins.
Zum einen wird schwaches Verbraucherverhalten angeführt, was mit der strikten Pandemie-Politik China begründet wird. Jedoch sind die meisten Dienste und Produkte Tencents digital und erfordern meist keine physische Interaktion. Werbung wird entsprechend überwiegend online gemacht, weshalb Lockdowns wenig Einfluss haben dürften. Lieferengpässe kann man entsprechend auch nicht anführen. Ein etwas stärkeres Argument stellt die Stärke eines Konkurrenten dar. ByteDance, der Mutterkonzern von der Social-Media Plattform TikTok, erschwert mit seinem Marktanteil anderen Unternehmen das Geschäft – willkommen in der „freien“ Marktwirtschaft.
Jedoch kommt noch dazu, dass die Regierung die Videospiellizenzen für 8 Monate eingefroren hatte, von welchen einige erst im April wieder verteilt wurden. Diese Lizenzen sind wichtig, um die Spiele zu monetarisieren, was letztendlich der ganze Witz an der Sache ist – zumindest für die Entwickler. Die Lizenz für den Verkaufsschlager, Call of Duty: Mobile, hat Tencent noch immer nicht. Somit fehlten dem Konzern wichtige Einnahmequellen, die aber mit der Erteilung der Lizenzen wieder Erträge einspülen sollten. Da man davon ausgeht, dass in Zukunft weniger Lizenzen vergeben werden. Deshalb will sich Tencent mehr auf Qualität, anstatt Quantität, konzentrieren und weniger, dafür aber umfangreichere Spiele entwickeln.
Seit Februar 2021 hat sich der Wert von Tencent insgesamt halbiert. Der Aktienkurs sank von einem damaligen Hoch von HKD 757 auf aktuell um HKD 342 herum. Dennoch liegt der Aktienpreis über 42000% über dem Ausgabepreis aus dem Jahr 2004. Immer mal wieder kam es auch zu größeren Korrekturphasen, welche sich aber als gute Einstiegschancen entpuppten. Auch wenn dies in der jetzigen Situation ebenfalls so sein könnte, stellen die fundamentalen Daten hier einige Fragezeichen in den Raum. Chinas Wachstumsaussichten werden seit über einem Jahr periodisch nach unten geschraubt und die Aktienkurse reagieren auf die Einschätzungen.
Wenn sich der Aktienmarkt der zweitgrößten Wirtschaft der Welt erholen und zu der von vielen Anlegern lange erwarteten Rallye ansetzen möchte, dann wird es schleunigst Zeit, dass sich das regulative und makroökonomische Feld für die Unternehmen ebnet. Potenzial hat China viel. Nicht nur in Sachen Produktion, sondern auch im Feld der Innovation. Man muss die Unternehmen aber auch irgendwo machen lassen. Ein weiteres Problem ist die restriktive Geldpolitik, die meinem Erachten nach eh irgendwann gelockert werden wird. Aktuell ist China aber noch weit davon entfernt.
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