Es ist keine einfache Zeit, eine Anlageentscheidung zu treffen. In den letzten zwei Monaten haben sich die Wall Street und die Main Street (auch die Realwirtschaft genannt) in entgegengesetzte Richtungen bewegt. Während die Aktienkurse seit dem März-Tief immer weiter steigen, zeigt die Wirtschaft weiterhin Verwüstungen, als sich die Coronavirus-Pandemie ausbreitet.
In letzter Zeit haben jedoch einige der größten Bären an der Wall Street ihre Ansichten über die künftige Richtung der US-Konjunktur revidiert. Die Strategen von Goldman Sachs (NYSE:GS) haben beispielsweise ihre Vorhersage, dass der S&P 500 auf das Niveau von 2.400 fallen würde, zurückgenommen. Sie sehen jetzt die Abwärtsrisiken auf 2.750 begrenzt.
Der US-Aktien-Benchmark könnte sogar noch weiter auf 3.200 steigen, heißt es in einer Mitteilung vom 29. Mai. „Die starke Erholung bedeutet, dass unser bisheriges Drei-Monats-Ziel von 2.400 wahrscheinlich nicht erreicht wird“, schrieben die Strategen letzte Woche.
„Die geld- und fiskalpolitische Unterstützung dürfte das Abwärtspotential auf rund 10% begrenzen. Die Anlegerpositionierung schwankte zwischen neutral und niedrig und ist ein möglicher Aufwärtskatalysator von 5%.“
Sollten sich die optimistischen Prognosen zur wirtschaftlichen Erholung als richtig erweisen, wäre es für Anleger sinnvoll, nach Schnäppchen bei Aktien zu suchen, deren Schicksal eng mit dem Wirtschaftswachstum verbunden ist. Mit diesem Ziel haben wir drei Sektoren in die engere Wahl gezogen, die im Falle einer V-förmigen wirtschaftlichen Erholung ein gutes Aufwärtspotenzial bieten.
1. Banken
Die Banken gehörten im aktuellen Wirtschaftsabschwung zu den am härtesten getroffenen Sektoren. Die Anleger machten einen Bogen um sie, weil sie befürchteten, dass Zinssätze nahe Null und eine anhaltende Rezession die Rentabilität beeinträchtigen und ihre Forderungsausfälle erhöhen würden.
JPMorgan Chase & Co. (NYSE:JPM) verzeichnete beispielsweise einen Gewinneinbruch von 69% im ersten Quartal, als das Unternehmen 8,29 Mrd. USD für notleidende Kredite zurücklegte - seine höchste Rückstellung in mindestens einem Jahrzehnt - um die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Wirtschaft zu bewältigen.
Weitere Gründe, aus denen die Anleger US-Banken gegenüber misstrauisch waren, sind die Möglichkeit langanhaltender Niedrigzinsen, wenn die Fed die vom Coronvirus befallene Wirtschaft aus einer Rezession herausholt.
Aber als die USA und andere Länder beginnen, ihre Volkswirtschaften wiederzueröffnen, setzen einige Anleger darauf, dass das Schlimmste für Bankaktien vorbei ist. Die Aktien von JPMorgan und Citigroup (NYSE:C) sind unsere beiden Favoriten aus dem Sektor. Beide haben an der Rallye des vergangenen Monats teilgenommen und sind um 12% bzw. 17% gestiegen. Sie beendeten den Handel am Mittwoch zu 104,27 USD bzw. 53,34 USD. Und beide zahlen eine robuste Dividende, die bei JPMorgan derzeit eine Rendite von 3,64% ergibt; bei der Citi sind es 4%.
Auch nach dem jüngsten Anstieg sind diese hochwertigen Bankaktien immer noch erheblich billiger als vor der Pandemie. Jede von ihnen könnte konträren Anlegern eine gute Wertentwicklung und attraktive Dividendenrenditen bieten.
2. Industriewerte
Wenn Sie zuversichtlich sind, dass sich die Wirtschaft schnell erholt, ist dies auch ein guter Zeitpunkt, sich in erstklassigen Industriewerten wie 3M (NYSE:MMM) zu engagieren, die über eine stark diversifizierte Produktpalette, starke Bilanzen und überschaubare Schulden verfügen.
Die Aktien von 3M, einem der weltweit größten Industriekonglomerate, zeigen bereits Stärke. Seit dem März-Tief ist die Aktie des in St. Paul, Minnesota, ansässigen Unternehmens um rund 40% gestiegen und verließ den Handel gestern zu 161,21 USD.
Der Hersteller einer breiten Palette von Dingen, von Haftnotizen über Luftfilter bis hin zu medizinischen N-95-Masken, profitiert angesichts der Coronavirus-Pandemie von der erhöhten Nachfrage nach seinen Schutz- und Reinigungsprodukten. Ungeachtet der jüngsten Erholung gefällt uns auch die jährliche Dividendenrendite des Unternehmens von 3,78%, die bei so niedrigen Zinssätzen recht attraktiv erscheint.
3. Fluggesellschaften
Investitionen in Airline-Aktien haben kaum Freude gemacht, seit Covid-19 seine Ausbreitung über die gesamte Welt begann. Und da die Zahl der Fälle immer noch wächst und es keinen Impfstoff oder keine Heilung gibt, meiden viele dieses Segment weiterhin. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die derzeitige Situation für immer anhält.
Der Dow Jones Airlines Index hat sich gegenüber dem Tief von Mitte März um etwa ein Drittel erholt. Europäische Fluggesellschaften haben ähnliche Kursgewinne erzielt.
"Wir werden das schaffen", soll Doug Parker, der CEO von American Airlines (NASDAQ:AAL) letzte Woche auf einer Branchenkonferenz geäußert haben.
"Wir werden alle genug Liquidität aufbringen. Ich glaube nicht, dass in dieser Krise jemand auf der Strecke bleibt."
Mit einem Kurs von 11,85 USD hat die AAL-Aktie in den letzten 1 Monaten um mehr als 11% zugelegt.
US-amerikanische Fluggesellschaften haben 25 Milliarden US-Dollar an Bundeshilfen zur Finanzierung der Lohnkosten in Anspruch genommen und American verhandelt laut einem Bloomberg-Bericht mit dem US-Finanzministerium über ein separates Darlehen in Höhe von 4,75 Milliarden US-Dollar.
Dennoch sind Airline-Aktien tatsächlich eine Wette auf einen Impfstoff, der Gesundheitsexperten nach ab Anfang nächsten Jahres verfügbar sein könnte. Bill Miller, Gründer und CIO von Miller Value Partners, meinte genau dies - wenn Sie keine Airline-Aktien besitzen, dann wetten Sie gegen einen Impfstoff.
"Die Leute lieben das Fliegen und machen sich keine Sorgen über Polio oder Pocken, da es einen Impfstoff gibt", sagte Miller letzten Monat während eines von Ariel Investments organisierten virtuellen Runden Tisches mit Investoren. "Wenn es einen Impfstoff gibt, werden alle Probleme, die Menschen mit dem Fliegen haben, beseitigt, und diese (Aktien) werden sehr, sehr schnell zurückkommen“, wurde er in einem CNBC-Report zitiert.