Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) und ihre 36 Mitgliedstaaten konnten sich nicht darüber einigen, ob Tiefseebergbau zulässig sein soll oder nicht. Ein verbindliches Regelwerk über den Umgang mit Anträgen von Mitgliedstaaten bleibt damit Zukunftsmusik. Vereinbart wurde lediglich, 2025 ein solches Regelwerk zu verabschieden.
Befürworter des Tiefseebergbaus sehen darin die Chance auf eine von autoritären Staaten wie China unabhängige Rohstoffversorgung. Auf dem Meeresgrund lagern – in gewaltigem Umfang – die Rohstoffe, die für die angestrebte Dekarbonisierung benötigt werden. Dazu gehören Batteriemetalle, aber auch Kupfer.
Nauru und The Metals Company könnten Anträge stellen
Unter anderem China, Russland, Norwegen – das jüngst ein riesiges Gebiet für den Tiefseebergbau identifizierte – und Großbritannien sind für eine Freigabe des Rohstoffabbaus. Deutschland hat sich für eine vorsorgliche Aussetzung entschieden und damit vorerst auf die Seite der Gegner gestellt.
22 der 36 Länder stimmten für eine Pause, ein Moratorium oder ein Verbot des Bergbaus auf dem Meeresboden. Dazu gehören auch Frankreich, Costa Rica, Brasilien, Spanien, Finnland, Neuseeland und viele pazifische Inselstaaten.
Nach aktueller Rechtslage könnten Staaten wie Nauru nun Anträge auf die Zulassung von Projekten stellen, die wegen Fristablaufs auch genehmigt werden müssten. Nauru hatte vor zwei Jahren einen Antrag angekündigt. Treibende Kraft hinter dem Antrag ist das kanadische Unternehmen The Metals Company, das als technischer Vorreiter im Tiefseebergbau gilt. Internationale Regeln gaben der ISA zwei Jahre Zeit, um eine verbindliche Regelung zu finden. Diese Frist ist mittlerweile vorüber.
Umweltschützer fürchten Artensterben
Bei der ISA wird nun – so berichteten es mehrere Medien – gehofft, dass Nauru aufgrund ungeklärter Haftungsfragen dennoch von einem Antrag absieht. Ohne verbindliche Regulierung wäre zumindest denkbar, dass es zur Haftung für mögliche Umweltschäden kommt.
Die ISA vergibt als UN-Unterorganisation Lizenzen für die Erkundung von potenziell rohstoffreichen Gebieten in internationalen Gewässern. Ansässig ist die Behörde mit ihren rund 40 Mitarbeitern in Jamaika.
Umweltschützer befürchten ein folgenreiches Artensterben. Beim Tiefseebergbau werden tonnenschwere Kettenfahrzeuge eingesetzt, die auf dem Grund die Manganknollen abernten. Bisherige Untersuchungen zeigten, dass die Roboter mit den Knollen auch die oberen vier bis acht Zentimeter des Meeresbodens einsaugen und zudem Kleinstpartikel aufwirbeln.
Die Folgen sind unklar. Umweltschützer verweisen darauf, dass ein geschädigter Meeresboden sich erst nach Millionen Jahren erholen könnte. Allerdings beeinträchtigt auch der Bergbau an Land die Umwelt – manchen Studien zufolge sogar in größerem Umfang als der Tiefseebergbau.
Welche Rohstoffpotenziale schlummern auf dem Meeresboden?
Von besonderem Interesse ist die Clarion-Clipperton-Zone im Zentralpazifik. Hier könnten bisherigen Untersuchungen zufolge 226 Millionen Tonnen Kupfer, 44 Millionen Tonnen Kobalt und fast sechs Milliarden Tonnen Mangan lagern – Rohstoffe also, die dringend benötigt werden.
Das Gebiet liegt weit entfernt von deutschen Grenzen. Dennoch ist die Bundesrepublik dort vertreten: Seit 2006 verfügt Deutschland über ein 75.000 Quadratkilometer großes Lizenzgebiet im Pazifik. Unter Leitung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) finden dort fast jährlich Expeditionen statt.
Im Lizenzgebiet befinden sich – in 4.000-5.000 Metern Tiefe – handballgroße Manganknollen, die auch Kupfer, Kobalt und weitere Metalle enthalten. BGR-Expertin Annemiek Vink äußerte im April gegenüber dem "Handelsblatt", die Knollen könnten trotz der hohen Energiekosten "wettbewerbsfähig" sein.
Es ist allerdings nicht ausgemacht, dass der kommerzielle Tiefseebergbau in der Clarion-Clipperton-Zone startet. Im – umweltpolitisch ausgerichteten – "Meeresatlas 2017" etwa wurde die Vermutung geäußert, der Rohstoffabbau könne in der ausschließlichen Wirtschaftszone von Staaten wie Tonga oder Papua-Neuguinea starten, da hier die internationalen Vorschriften ohnehin nicht gelten.