- Während Twitter einen chaotischen Rechtsstreit mit Musk beginnt, wird auch das geschäftliche Umfeld für den Kurznachrichtendienstag immer schwieriger
- Twitters Wachstumsziele scheinen unerreichbar, da Unternehmen ihre Ausgaben für digitale Werbung in Erwartung einer Rezession zusammenstreichen
- Die Twitter-Aktie wird jetzt 36 % unter Musks Kaufpreisangebot gehandelt
Für Twitter-Investoren (NYSE:TWTR) sieht es nicht nach einem Happy End aus. Denn der Milliardär Elon Musk hat angekündigt, sein 44 Milliarden Dollar schweres Kaufangebot des angeschlagenen Social-Media-Riesen abzublasen. Damit ist auch eine Privatisierung des Unternehmens vom Tisch.
Musk, der reichste Mann der Welt und CEO von Tesla (NASDAQ:TSLA), teilte dem Twitter-Board am Freitagabend in einer Börsenmitteilung mit, dass er aus der vor sechs Monaten unterzeichneten Kaufvereinbarung aussteigt. Er behauptet dabei, dass das Unternehmen Nutzerdaten falsch dargestellt und damit einen schwerwiegenden Vertragsbruch begangen hat.
Sein Ausstieg markiert eine dramatische Wende in seinem Bestreben, Twitter umzustrukturieren und eine Plattform für freie Meinungsäußerung zu schaffen. Während er einen umfassenden Finanzierungsplan aufstellte, beschuldigte Musk den Kurznachrichtendienst, die Öffentlichkeit über die Anzahl der Fake-Account, die als Spam-Bots bekannt sind, auf seiner Plattform zu täuschen.
Der CEO von Twitter Bret Taylor sagte, das Unternehmen werde rechtliche Schritte einleiten, um die Transaktion "zu dem Preis und den Bedingungen, denen Herr Musk zugestimmt hat", abzuschließen. Das Unternehmen hat Musks Behauptungen dementiert und behauptet, dass Bots weniger als 5 % der Gesamtnutzer ausmachen, wobei die Mitglieder der Unternehmensleitung noch am vergangenen Donnerstag betonten, dass ihre Schätzungen korrekt seien.
Obwohl es schwer ist, den Ausgang eines so komplizierten Rechtsstreits vorherzusagen, ist es klar, dass die Twitter-Aktie in absehbarer Zeit in einem tiefen Kursloch verharren wird, der durch die Unsicherheit und die sich verschlechternden Geschäftsbedingungen verursacht wird.
Die Twitter-Aktie gab am Montag um 8,5 % ab und lag damit fast 38 % unter dem von Musk im April unterbreiteten Angebot von 54,20 USD je Aktie. Die Papiere des Unternehmens werden auch unter dem Stand von Anfang April gehandelt, bevor Musk sich überraschend mit 9 % an dem Unternehmen beteiligte und damit offiziell den Startschuss für seinen Übernahmeversuch gab.
Quelle: Investing.com
Unerreichbare Ziele
Trotz seines Status als globale Kommunikationsplattform ist es dem Unternehmen Twitter nicht gelungen, seinen wahren Wert zu erschließen. Während das Mikroblogging-Unternehmen mit Sitz in San Francisco 2018 seinen ersten echten Jahresgewinn verzeichnete, entwickelten sich seine Aktien weiterhin unterdurchschnittlich, da das Unternehmen darum kämpfte, einen klaren Weg zu definieren, um von seiner enormen globalen Reichweite zu profitieren.
Unter dem Druck des aktivistischen Investors Elliott Management Corp. will Twitter den Umsatz bis Ende 2023 auf 7,5 Mrd. USD verdoppeln und bis dahin mindestens 315 Millionen sogenannte monetarisierbare täglich aktive Nutzer erreichen.
Diese Ziele scheinen nun unerreichbar, denn die Unternehmen kürzen ihre Ausgaben für digitale Werbung in Erwartung einer Rezession. Twitter erwirtschaftet 90 % seiner Umsätze mit digitalen Werbeanzeigen. Wegen dieser Herausforderungen lautet das Urteil der Mehrheit der Wall Street-Analysten in einer Investing.com-Umfrage für die Twitter-Aktie "Neutral". Grund dafür ist, dass sie keine klare Zukunftsperspektive für das Unternehmen erkennen können.
Quelle: Investing.com
Debra Aho Williamson, Chefanalystin bei Insider Intelligence, erklärte in einem Bloomberg-Bericht:
"Sollte Musk sich aus dem Deal herauswinden, sieht sich Twitter immer noch mit denselben Problemen konfrontiert, die das Unternehmen hatte, bevor er auf den Plan trat. Twitters Nutzerwachstum verlangsamt sich. Und während die Werbeeinnahmen weiterhin geringfügig wachsen, sieht sich Twitter nun mit einer schwächelnden Wirtschaft konfrontiert, die die Werbeausgaben auf allen sozialen Plattformen schmälern könnte."
Die Kaufabsichten Musks und seine anschließende Verzögerungstaktik sind auch an den Mitarbeitern des Kurznachrichtendienstes nicht spurlos vorübergegangen, die sich Medienberichten zufolge nun fragen, wie es mit dem Unternehmen weitergehen soll. Twitter hat seit Mai einen Einstellungsstopp verhängt und letzte Woche 30 % seines Recruiting-Teams entlassen.
Fazit zu Twitter
Mit dem Ausstieg Musks aus der Twitter-Kaufvereinbarung befindet sich die Microblogging-Website praktisch auf unbekanntem Terrain. Das erschwert die Pläne für eine erfolgreiche Neuausrichtung zusätzlich. Diese Unsicherheit wird dauerhaft Druck auf diese Aktie ausüben.
Offenlegung: Der Autor besitzt keine Aktien von Twitter.