Die Inflation in den USA ist erneut gestiegen. Die Verbraucherpreise legten im November um +2,7 % zum Vorjahr zu, nach +2,6 % im Oktober und +2,4 % im September.
Damit entfernt sich die Teuerung weiter vom Ziel der US-Notenbank (Fed), welches bei 2 % liegt. Zugleich verharrte die Kernrate den dritten Monat in Folge bei +3,3 % und somit ebenfalls fernab vom Fed-Ziel.
Wie erwartet
Die Marktteilnehmer hatten allerdings mit dieser Entwicklung gerechnet.
Und daher herrschte an den Börsen gestern Erleichterung darüber, dass die Prognosen exakt getroffen wurden, auch was die Veränderungen gegenüber dem Vormonat angeht (+0,3 %). Die Aktienkurse machten einen Satz nach oben, vor allem wieder die zinssensiblen Technologieaktien.Der Nasdaq 100 konnte dadurch seinen kurzfristigen Aufwärtstrend fortsetzen (grün im folgenden Chart). Interessant ist dabei: Der Index hatte zuvor von der oberen Trendkanallinie zur unteren zurückgesetzt – passend zur Chartanalyse vom 4. Dezember.
Nach diesem kurzen Rücksetzer wurde allerdings nun sogar schon wieder ein neues Rekordhoch erreicht. Dadurch hat die aktuelle Aufwärtsbewegung jetzt ein größeres Ausmaß (+7,06 %) als die „Trump-Rally“ von Anfang November (+6,83 %). Wahnsinn!
Zinssenkungserwartungen gestiegen
Jedenfalls dürften auch für die Fed die aktuellen Preisdaten trotz der Zielentfernung kein Problem darstellen. Sie wird am Mittwoch kommender Woche höchstwahrscheinlich erneut eine Zinssenkung beschließen. Denn der Leitzins liegt derzeit mit einer Spanne von 4,50 % bis 4,75 % noch deutlich oberhalb der Inflation. Dadurch wirkt die Geldpolitik auch nach einem weiteren Zinsschritt nach unten noch ausreichend restriktiv, um gegen die hohe Inflation zu wirken.
Das sehen auch die Anleger an den Terminmärkten so. Laut dem FedWatch-Tool der CME Group (NASDAQ:CME) stieg die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed ihren Leitzins erneut um 25 Basispunkte senken wird, nach den Inflationsdaten auf 95 %, nachdem es am vergangenen Freitag 85 % waren (siehe „Das gilt es beim Trading auf den Ölpreis zu achten“).
(Quelle: CME Group)
Höhere Inflation, sinkende Zinsen – Gold profitiert
Diese Entwicklung kommt offensichtlich dem Goldpreis entgegen. Denn er konnte aus einer kurzfristigen Seitwärtskonsolidierung (gelbes Rechteck im folgenden Chart) nach oben ausbrechen und eine Abwärtslinie (rot) überwinden.
Der Bruch dieser Linie wurde anschließend durch einen Rücksetzer getestet und bestätigt. Dadurch ist das Chartbild nun kurzfristig wieder bullish – abgesehen davon, dass das Zwischenhoch vom 25. November noch nicht überschritten wurde und damit noch eine Tendenz tieferer Hochs vorliegt.
Das könnte sich aber bald auch noch ändern. Denn für Anleger wird ein Investment in das Edelmetall aus gleich zwei Gründen wieder zunehmend interessant:
- Durch sinkende Zinsen nimmt die Attraktivität anderer Anlagen als Konkurrenz zu einer Wertanlage in das Edelmetall ab, das selbst keine Zinsen abwirft.
- Da Gold als Inflationsschutz gilt, kommt ihm zugleich die wieder steigende Teuerung zugute.
Am Donnerstag vergangener Woche hatte ich geschrieben, dass sich der Goldpreis „gerade in einer interessanten Seitwärtskonsolidierung“ befindet. „Und wenn hier ein Ausbruch nach unten erfolgt, kann man davon mit einem Short-Trade profitieren“, hieß es dazu (siehe „USD/JPY gibt wie erwartet nach – was ist jetzt noch möglich?“). Am Freitag brach das Edelmetall tatsächlich nach unten aus der Handelsspanne aus, was sich aber als Bärenfalle entpuppte (rote Ellipse im Chart). Und aktuell läuft die typische starke Bewegung in die entgegengesetzte Richtung, die sich häufig nach solchen Fehlsignalen beobachten lässt.
Beim Target-Trend-CFD waren wir auf eine solche Entwicklung vorbereitet und hatten eine Short-Position auf Einstiegskurs abgesichert. Kein Gewinn, aber auch kein Verlust.
Gold ist charttechnisch überkauft
Nun spricht wieder viel für steigende Kurse. Ich erinnere aber daran, dass auch der Goldpreis, ähnlich wie der Nasdaq 100, in diesem Jahr schon sehr weit gelaufen ist. Das Edelmetall hat sich seit Jahresbeginn um mehr als ein Drittel verteuert. Und der Anstieg hatte dabei schon einen 5-gliedrigen Verlauf genommen (siehe auch „Ist dies das Ende der Goldpreisrally?“).
Die Welle 5 wurde inzwischen immerhin um 50 % korrigiert. Die überkaufte Situation wurde damit ein wenig abgebaut. Aber für eine Marktbereinigung reicht das noch nicht.
Ich würde daher den aktuell bullishen Signalen nicht folgen. Sollte sich hingegen auch der aktuelle Ausbruch aus der kurzfristigen Seitwärtskonsolidierung nach oben als Fehlsignal entpuppen, würde ich eher einen neuen Short-Versuch starten. Ansonsten würde ich mich (auch) aus diesem überkauften Markt heraushalten.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus