Abigail Wulf, Vizepräsidentin und Direktorin des Securing America’s Future Energy (SAFE) Center for Critical Minerals Strategy, äußerte in einem Interview gegenüber dem Branchendienst Fastmarkets, die stimulierende Wirkung des Inflation Reduction Acts (IRA) verliere etwas an Schwung.
Aktuell würden in den USA nicht mehr so viele Investitionen getätigt wie direkt nach der Verabschiedung des Gesetzes, das am 16. August 2022 durch den Senat auf den Weg gebracht worden war. Gründe dafür seien Zugeständnisse an die Verbündeten und Unklarheiten im Hinblick auf die Definition der Foreign Entity of Concern (FEOC). Es bleibe deshalb abzuwarten, wie effektiv der IRA schlussendlich sei.
FEOC-Leitlinien lassen auf sich warten
FEOCs – also ausländische Unternehmen, die durch die Regierung als kritisch eingestuft werden – sind ein zentraler Bestandteil der Regelungen im IRA. Sollen für ein Fahrzeug Steuergutschriften gewährt werden, dürfen die Batteriekomponenten ab 2024 nicht mehr von einem FEOC hergestellt oder zusammengebaut werden.
Ab 2025 gilt zudem, dass steuerbegünstigte Fahrzeuge keine Batterien mit kritischen Mineralien enthalten dürfen, die durch eine FEOC gewonnen, weiterverarbeitet oder recycelt wurden.
FEOCs sind ausländische Unternehmen, die durch Regierungen kontrolliert werden, die durch die US-Regierung als problematisch eingestuft werden. Formal geht es um China, Russland, Nordkorea und den Iran. Im Mittelpunkt allerding steht China. Die Volksrepublik kontrolliert die Lieferkette für kritische Mineralien wie Lithium, Graphit und Seltene Erden. Abigail Wulf kritisiert: "Wir warten immer noch auf den Entwurf der Leitlinien für die FEOC".
Koreanische Unternehmen müssen Lieferketten umstellen
Der Mangel an konkreten Informationen sorgte bereits vor Monaten in Südkorea für Kritik. Für die Unternehmen ist bislang unklar, ob bestehende Lieferketten beibehalten werden können. Koreanische Unternehmen beziehen z.B. Rohstoffe für Kathoden- und Anodenmaterialien wie Graphit aus China, verarbeiten sie und exportieren sie in die USA.
Ende März hatten US-Finanz- und Handelsministerium bekanntgegeben, alle chinesischen Unternehmen als FEOCs definieren zu wollen. Damals waren auch konkretere Informationen angekündigt worden, die bis heute aber nicht vorliegen. Die Regierung in Seoul hat deswegen offenbar bereits auf die Dringlichkeit hingewiesen.
Südkoreanische Unternehmen beschaffen sich kritische Mineralien mittlerweile zwar auch in Australien, Argentinien und Indonesien. Dennoch erscheint es nahezu unmöglich, bis Ende 2024 ganz auf Lieferungen aus China zu verzichten.
Indonesische Nickelproduktion wird durch China dominiert
Wulf spricht sich bei den Leitlinien für FEOCs für einen differenzierten Ansatz aus. Die Regelungen sollten neben den Eigentumsverhältnissen auch geistiges Eigentum und marktbasierte Risiken berücksichtigen.
Sie verweist dabei auf "Early-Mover-Unternehmen in fortgeschritteneren Phasen ihrer Projekte", die derzeit "wegen ihrer Geschäfte mit chinesischen Unternehmen mit Rückschlägen konfrontiert" seien, zu Beginn aber keine andere Wahl gehabt hätten.
Keine klare Empfehlung abgeben will SAFE im Hinblick auf die wachsende Bedeutung von Indonesien. Das Land wird bis 2025 60 % und bis 2030 sogar 75 % des weltweiten Nickelangebots bereitstellen. Der Großteil der indonesischen Nickelprojekte steht jedoch unter chinesischen Einfluss – vor allem in der Weiterverarbeitung.
Wulf zufolge spreche einerseits vieles für eine engere Zusammenarbeit der USA mit Indonesien, um das Land ein Stück weit aus dem chinesischen Einflussbereich zu entfernen. Andererseits brauche es im Hinblick auf eine diversifizierte Lieferkette gerade nicht noch mehr indonesisches Nickel. Indonesien hatte kürzlich ein teilweises Freihandelsabkommen mit den USA ins Spiel gebracht.
Der Inflation Reduction Act sieht steuerliche Anreize im Volumen von 369 Mrd. USD für die Produktion von Elektroautos, Batteriespeichern, Windrädern und anderen Gütern vor, die auf dem Weg zur angestrebten Dekarbonisierung benötigt werden.