Es ist erklärtes Ziel der vietnamesischen Regierung, eine Lieferkette für Seltene Erden aufzubauen – inklusive Kapazitäten zur Veredelung von Erzen zu den Metallen, die in Magneten für E-Autos, Smartphones und Windturbinen derzeit so begehrt sind.
Seltene Erden: Große und leicht zugängliche Vorkommen in Vietnam
An Rohstoffvorkommen mangelt es dem südostasiatischen Land nicht. Daten des US Geological Survey zufolge verfügt es über die zweitgrößten Vorkommen der Welt. In dem Land befindet sich auch die Dong-Pao-Mine, die jedoch seit sieben Jahren stillgelegt ist.
Dass die Rohstoffe nicht abgebaut und weiterverarbeitet werden, liegt am Quasimonopol Pekings. Die Volksrepublik legt die Weltmarktpreise de facto fest – und hat sie bei Bedarf so weit gedrückt, dass Investoren von Projekten in Vietnam abgesehen haben.
Der Westen will jedoch bekanntlich seine Abhängigkeit von China verringern. Im September war US-Präsident Joe Biden zu Besuch in Hanoi. Bei dieser Gelegenheit wurde ein Abkommen unterzeichnet, das es Vietnam erleichtern soll, Investoren für die Produktion Seltener Erden zu gewinnen.
Unter anderem Reuters berichtete nun, dass Vietnam im kommenden Jahr die Dong-Pao-Mine wieder in Betrieb nehmen will. Noch in diesem Jahr sollen Ausschreibungen für mehrere Teile der Mine gestartet werden. Mitbieten auf eine Konzession will das australische Unternehmen Blackstone (NYSE:BX) Minerals (ASX: BSX, WKN: A2DGXT, ISIN: AU000000BSX5).
Auch Luu Anh Tuan, Vorsitzender von Vietnam Rare Earth bestätigt die Pläne. Vietnam Rare Earth ist Blackstones Projektpartner. Rund 100 Millionen USD stehen als Investition der Australier im Raum.
Blackstone Minerals will Dong-Pao-Konzession
Blackstone verhandelt eigenen Angaben bereits mit den Elektroautoherstellern VinFast und Rivian (NASDAQ:RIVN) über Abnahmeverträge. Damit soll die gängige chinesische Strategie von ruinösen Preissenkungen so früh wie möglich ausgehebelt werden. Verschiedene Investoren, darunter die japanischen Unternehmen Toyota (TYO:7203) Tsusho und Sojitz waren bereits mit Projekten in Dong Pau aktiv, mussten jedoch nach einer Erhöhung des Angebots durch China aufgeben.
Würde die Produktion in Dong Pau wieder aufgenommen, könnte Vietnam zu einem der wichtigsten Seltenerdproduzenten weltweit aufsteigen. Die Seltenen Erden in der Mine sind Daten der Hanoi University of Mining and Geology zufolge hauptsächlich in Bastnäsit-Erzen konzentriert und damit relativ leicht zugänglich. Vor allem Cer, Praseodym und Neodym finden sich in der Lagerstätte.
Vietnam Rare Earth strebt eine Konzession für eine jährliche Produktion von 10.000 t Seltenerdoxid vor, was etwa einem Drittel der Jahresproduktion der Mine entsprechen würde. Die Produktion könnte dem Unternehmen zufolge bereits Ende 2024 beginnen.
Die vietnamesische Regierung will bis zum Jahr 2030 60.000 t Seltenerdäquivalent pro Jahr produzieren. Damit könnte das Land 5-15 % der künftigen chinesischen Produktion erreichen. Auch für China wird mit einem Wachstum bei der Produktion gerechnet. David Merriman, Forschungsanalyst beim Beratungsunternehmen Project Blue, hält die Ziele für "ehrgeizig, aber nicht völlig ausgeschlossen".
Offene Fragen: Preise und Verarbeitungskapazität
Doch es sind noch Hürden zu nehmen. Dylan Kelly von der Investmentfirma Terra Capital etwa hält es für unklar, ob der Markt bereit sei, für Seltene Erden aus Vietnam einen Aufschlag zu zahlen. Doch selbst wenn dies – etwa begünstigt durch Regelungen im Inflation Reduction Act – der Fall sein sollte, bleiben Fragen offen.
John Rockhold, ein Berater des Seltenerdsektors und Präsident der Hanoi-Abteilung der US-Handelskammer, etwa weist darauf hin, dass ein US-Plan mit Vietnam Rare Earths zur Verschiffung von raffinierten Seltenen Erden in die USA in der Vergangenheit gescheitert sei. Reuters taxiert die im Rahmen dieses Plans aufgerufenen Investitionen in Vietnam auf 200 Mio. USD.
Auch wenn der Abbau Seltener Erden unter Beteiligung von US-Investoren zustande kommt, bleiben Kapazitätsfragen. Vietnam Rare Earth besitzt eine Fabrik zur Abtrennung von Seltenerdoxiden in Nordvietnam. Die derzeitige Kapazität von 5.000 Tonnen REO pro Jahr müsste jedoch deutlich ausgebaut werden. Die USA exportieren aktuell ihre Seltenerdmetallerze zur Verarbeitung nach China, das auch die Verarbeitung der Rohstoffe dominiert.