Fast zwei Wochen nach dem Wiederanstieg auf 1.800 Dollar hat der Goldpreis endlich die Marke von 1.850 Dollar überwunden. Zwar gelten 1.900 Dollar als das nächste Ziel, aber man muss sich natürlich vor Augen führen, wie schwierig es zuletzt für Gold war, den Bereich um 1.850 Dollar zu überwinden. Wie lange wird es also dieses Mal dauern oder wird es diesen Test nicht bestehen?
Wie der kanadische Lebens- und Wirtschaftstrainer Rick Scott eindringlich sagte: "Alles kann, nichts muss".
Im Falle von Gold könnte dies so ausgelegt werden, dass noch einige Härtetests vor uns liegen. Doch die aktuelle Konstellation und das Momentum, auf welchem das Edelmetall reitet, dürften verhindern, dass es sich zu lange an der Marke von 1.850 Dollar festklammert, ohne dass es relativ schnell einen Angriff in Richtung 1.900 Dollar und darüber gibt.
Am wichtigsten ist jedoch die Frage, ob er all die Inflationserwartungen, die sich seit Wochen in der US-Wirtschaft und an den Finanzmärkten aufbauen, für einen erneuten Vorstoß in Richtung der Hochs über 1.960 Dollar, die Gold im Januar verlassen hatte, oder möglicherweise sogar in Richtung der Augusthochs nutzen wird.
Und die Antwort im nachstehenden Wochenchart für COMEX-Gold-Futures auf 3 Jahre, den ich für Investing.com erstellt habe, zeigt deutlich, dass beides möglich ist.
Quelle: Investing.com
Seit der Rückkehr in den Bereich um 1.800 Dollar am 6. Mai befinden sich die Gold-Futures an der New Yorker COMEX auf einem - wenn auch zugegebenermaßen verworrenen - Aufwärtspfad, der schließlich im asiatischen Handel am Montag zum Zwischenhoch um 1.855 Dollar führte.
Nächster 50 Dollar-Anstieg äußerst kritisch
In Anbetracht des Kursverlaufs sollte das nächste plausible Ziel bei 1.945,70 Dollar liegen, was einen Höchststand darstellen würde, der seit dem 6. Januar mit 1.966,80 Dollar nicht mehr erreicht wurde.
Dennoch wird jeder, der in den letzten sechs Monaten mit Gold gehandelt oder es beobachtet hat, wissen, dass ein Anstieg von 90 Dollar für das gelbe Metall in kurzer Zeit etwas zu groß sein könnte. Daher könnte es klug sein, die Messlatte bei 1.900 Dollar (die im Chart bei knapp unter 1.945,70 Dollar liegt) anzusetzen.
Es kommt darauf an, ob der folgende Anstieg um 50 Dollar für Gold machbar ist. Ansonsten deuten die von Investing.com ermittelten Signale auf dem dreijährigen Wochenchart auf eine sehr wahrscheinliche Rückkehr unter die Marke von 1.800 Dollar hin - konkret 1.789,80 Dollar, was alle Gewinne seit dem 6. Mai zunichte machen würde.
Sollte Gold jedoch tatsächlich die Marke von 1.900 und 1.950 Dollar als Nächstes überspringen, dürfte sich die Stimmung am Goldmarkt nicht signifikant eintrüben. Somit würde die Marke von 2.000 Dollar in greifbare Nähe rücken - um genau zu sein 2.101,60 Dollar, was nur knapp unter dem am 7. August erreichten Allzeithoch der COMEX-Futures von 2.107,60 Dollar liegt.
Kommt es stattdessen zu maßvollen Bewegungen?
Sunil Kumar Dixit von S.K. Dixit Charting interpretiert den Chart ähnlich wie Investing.com, wenngleich seine unmittelbaren Prognosen eher moderate Bewegungen innerhalb des Kanals von 1.860 bis 1.880 Dollar nahelegen.
Quelle: S.K. Dixit Charting
Bei der Darstellung des wahrscheinlichen Kursverlaufs für Kassagold bzw. Goldbarren sagte Dixit, dass die absteigende 200-Tage-Linie um 1.844 Dollar eine starke Unterstützung für den Sprung über die 1.850 Dollar und möglicherweise 1.855 Dollar darstellt.
Händler und Fondsmanager entscheiden manchmal über die Richtung des Goldpreises, indem sie den Spotpreis - der Goldbarren zur sofortigen Lieferung widerspiegelt - anstelle von Futures betrachten.
Quelle: S.K. Dixit Charting
Dixit fügte hinzu:
"Solange sich der Spot-Goldpreis auf der richtigen Seite des 200-Tage-SMA um 1844 Dollar hält, könnten Händler den Bereich zwischen 1.865 und 1.876 Dollar anpeilen, der wiederum ein Fibonacci-Retracement vom markiert."
Er sagt, dass die positive Entwicklung des Stochastik-RSI (Relative Strength Index) auch das "anhaltende Aufwärtsmomentum von Spotgold mit dem Potenzial für weitere Gewinne unterstützt."
Ausufernde Inflationssignale
Gold-Longs haben ein paar turbulente Wochen hinter sich, nachdem die Debatte über eine unkontrollierte Inflation in den Vereinigten Staaten durch eine Reihe von Daten zu Verbraucher- und Erzeugerpreisen, Industrieproduktion und Verbraucherstimmung neu entfacht wurde.
Der US-Verbraucherpreisindex wuchs in den zwölf Monaten bis April um 4,2 Prozent und verzeichnete damit den größten Anstieg seit fast 13 Jahren, während der Erzeugerpreisindex im letzten Monat um 6,2 Prozent über einen Zeitraum von einem Jahr wuchs und damit den größten Anstieg seit einem Jahrzehnt verzeichnete.
Die US-amerikanische Industrieproduktion stieg im April um 0,7 Prozent und verlangsamte sich damit im Vergleich zum März um ein Drittel, da die Autohersteller einige Anlagen nach einem Mangel an Mikrochips für Autoschaltkreise stilllegten, obwohl eine Zunahme im Bergbau die Aktivität noch ankurbelte, berichtete die Federal Reserve.
Die erste Schätzung zum Verbrauchervertrauens per Berichtsmonat Mai zeigte einen Rückgang, da sich die Amerikaner Sorgen über die Inflation und deren Auswirkungen auf ihre Einkommen machten, so die Ergebnisse einer von der University of Michigan durchgeführten Umfrage.
Die US-Einzelhandelsumsätze stagnierten im April, nachdem sie im März um fast elf Prozent gestiegen waren, so die Daten des Handelsministeriums, die die Inflationserwartungen in einer sich schnell von der Coronavirus-Pandemie erholenden Wirtschaft etwas dämpften.
Die US-Notenbank Fed bestätigt den Preisdruck, der sich aus Engpässen in den Lieferketten ergibt, die mit der Nachfrage in einer sich nach Monaten der Pandemiebekämpfung wieder öffnenden Wirtschaft ringen.
Die Zentralbank besteht jedoch darauf, dass dieser Inflationsdruck "vorübergehend" ist und abklingen wird, wenn sich die Wirtschaft vollständig von der Pandemie erholt hat. Sie sagt auch, dass sie im Moment keine Notwendigkeit sieht, die Zinssätze zu erhöhen.
Logischerweise hätte der Goldpreis aufgrund der ansteigenden Inflation ansteigen müssen, da er seit langem als Wertaufbewahrungsmittel und Absicherung gegen steigende Kosten dient.
Aber in Märkten, die von verzerrten Erwartungen und Hype beherrscht werden, ist wenig Platz für Logik.
So sind der Dollar Index und die 10-jährige Treasury-Note zeitweise zusammen mit Gold gestiegen, was die Chance des gelben Metalls auf einen Ausbruch aus eigener Kraft gebremst hat.
Haftungsausschluss: Barani Krishnan nutzt eine Reihe von Ansichten, die nicht seine eigenen sind, um Vielfalt in seine Analyse eines jeden Marktes zu bringen. Um neutral zu bleiben, präsentiert er manchmal konträre Ansichten und Marktvariablen. Er hält keine Position in den Rohstoffen und Wertpapieren, über die er schreibt.