Haben die letzten Tage des vergangenen Jahres den Rohölpreis der Sorte WTI noch einmal kurz über die 100-Dollar-Marke getrieben, ist der Trend im neuen Jahr eindeutig. Fast zehn Prozent hat der Preis für das schwarze Gold seit Jahresbeginn nachgegeben. Und es sprechen einige Faktoren dafür, dass sich der Rohstoff auch im Jahresverlauf eher weiter verbilligen dürfte.
Irans Ölreserven erhöhen das Angebot
Die Aussicht, dass die Sanktionen auf iranisches Öl aufgehoben werden könnten, führte zu einem deutlichen Preisrückgang. Sollte der Iran die westlichen Länder davon überzeugen können, dass es keine Absicht verfolgt atomare Waffen herzustellen, könnte dies den Ölpreis weiter belasten. US-Statistiken zufolge haben die Mitte der Neunziger Jahre gegen den Iran erhobenen Sanktionen bisher zu Umsatzeinbußen des Landes in Höhe von 120 Milliarden US-Dollar geführt. Rund neun Prozent der weltweiten Ölreserven liegen im Iran, damit belegt das Land weltweit den vierten Platz. Ein Aufheben der Sanktionen und damit bestehender Barrieren würde den Zugang zu diesen Öl-Ressourcen sowie weiterer Energieprodukte wie Erdgas öffnen und durch das höhere Angebot auf den Preis drücken.
Gestiegene Ölproduktion der USA und der Nicht-OPEC-Staaten
In 2013 führte eine gesteigerte Ölproduktion in den USA zu relativ stabilen Preisen nah den Durchschnittswerten der vergangenen zwei Jahre. Die heimische US-Rohölproduktion erreichte mit einem Anstieg von 1 Million Barrel/Tag in 2013 den größten jemals verzeichneten jährlichen Zuwachs und führte die Produktionsmenge auf das höchste Niveau seit 24 Jahren. Zum ersten Mal seit zwei Jahrzenten lagen die wöchentlichen Produktionsmengen der USA über den Importen.Eine verbesserte US-Infrastruktur durch neue Pipelines und im Bereich des Schienennetzes sorgten durch die Verfügbarkeit des Rohstoffs der Erdölraffinerien von Cushing, Oklahoma, Bakken, Permian und Eagle Ford zudem für einen weiteren Preisdämpfer.
Die gesteigerte US-Ölproduktion und der erfolgte Schritt Richtung Selbstversorgung reduziert die Abhängigkeit der USA von Ölimporten. China löste in 2013 nicht nur Indien als größter Goldimporteur ab, sondern ließ auch die USA hinsichtlich der Ölnachfrage hinter sich. Nahezu ein Drittel des Anstiegs der weltweiten Ölnachfrage lässt sich auf den chinesischen Markt schlüsseln. Der chinesische Herstellungssektor enttäuschte zu Beginn des Jahres (PMI Dez. 51, erwartet: 51,2) und war damit auch ein Grund für den schwachen Jahresstart für das schwarze Gold. Der chinesische Herstellungssektor enttäuschte zu Beginn des Jahres (PMI Dez. 51, erwartet: 51,2) und war damit auch ein Grund für den schwachen Jahresstart für das schwarze Gold. Auch der US-Arbeitsmarktbericht letzten Freitag trägt zur schlechten Stimmung am Ölmarkt bei. Die veröffentlichten 74.000 neugeschaffenen Stellen im Dezember notierten deutlich unter der Erwartung von 197.000 und bildeten den geringsten Anstieg seit drei Jahren.
Die geförderten Mengen von flüssigen Kraft- und Brennstoffen der elf OPEC-Mitgliedsstaaten verzeichneten in 2013 ein Rückgang von 0,9 Mio. Barrel/Tag. Doch preistreibend wird sich diese Entwicklung nicht auswirken, denn Nicht-OPEC-Mitgliedsstaaten konnten ihre Rohölproduktion in 2013 um 1,4 Mio. Barrel/Tag steigern und damit den beschrieben Rückgang mehr als kompensieren.
Vertrauen der Hedgefonds in steigenden Ölpreis schwindet
Zurzeit sind die Großspekulanten (Fonds, Hedgefonds, Banken, Vermögensverwalter) an der New York Mercantile Exchange mit rund 331.000 Kontrakten (Netto-Größe) positioniert. Die Netto-Positionierung fiel im Vergleich zur Vorwoche an der NYME um rund 25.000 Kontrakte und damit um 2,25 Milliarden US-Dollar (1 Kontrakt = 1.000 Barrels). Auch im 4-Wochenvergleich sank der Wert der Wert um rund 18.000 Kontrakte. Dies ist ein deutlicher Rückgang, dem weitere Dynamik folgen könnte. Die Short-Positionierung dieser Markteilnehmer stieg im Vergleich zur Vorwoche um 16 Prozent, im 4-Wochenvergleich steigerten sie diese um elf Prozent, während parallel die Spekulanten ihre Long-Position um gut ein Prozent abbauten. Sollte sich diese Tendenz der Positionierung weiter festigen, könnte zu den fundamentalen Faktoren auch die Umpositionierung am Terminmarkt Druck auf den Ölpreis ausüben.
Jahrestief aus 2013 bei 85,60 USD/Barrel in Gefahr
Die Aussicht auf eine Aufhebung der gegen den Iran verhängten Sanktionen, gesteigerte Ölproduktionen in 2013, der Ausbau der US-Infrastruktur, eine konjunkturelle Verlangsamung der US-Wirtschaft und Chinas und eine fallendes Interesse von institutionellen Spekulanten könnten sich auch in den Folgewochen als preisdämpfend auf den WTI-Kurs auswirken. Unterhalb des Jahrestiefs von 85,6 USD/Barrel bleibt ein weiterer Preisrückgang an die 80er Marke ein realistisches Szenario für die kommenden Monate.