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Sparkassen und Genossenschaftsbanken leiden unter der Zinswende. Hohe Abschreibungen belasten die Bilanzen.
Die Zinsen steigen so schnell und so hoch wie lange nicht. Banken profitieren von einer steigenden Zinsmarge – müssen aber mit Abschreibungen auf verzinsliche Assets leben.
Wie die „Börsen-Zeitung“ berichtet, mussten die 49 Sparkassen in Hessen und Thüringen im vergangenen Jahr Abschreibungen auf Wertpapiere in Höhe von rund 1,3 Milliarden EUR vornehmen.
Obwohl das operative Geschäft gut lief, wurde deshalb unter Berücksichtigung dieser Bewertungsverluste ein Minus von 138 Millionen EUR eingefahren. 2021 hatten die Sparkassen der beiden Bundesländer noch 1 Milliarde EUR Gewinn vermeldet. Als Reaktion auf die Abschreibungen lösten die Sparkassen Vorsorgereserven im Umfang von 400 Millionen EUR auf.
2022 trotz allem „Schritt in Richtung Normalität“
in Panik versetzt die Entwicklung die Institute allerdings nicht. Laut dem Geschäftsführer des Sparkassen- und Giroverbands Hessen-Thüringen (SGVHT), Manfred Üffing, halten die Sparkassen im Verbandsgebiet Vermögensanlagen von rund 45 Mrd. EUR. 85 % davon entfallen auf festverzinsliche Wertpapiere.
Üffing verwies auf eine durchschnittliche Duration von vier Jahren und die hohe Bonität des Portfolios. Es sei deshalb „hoch wahrscheinlich“, dass die Bewertungseffekte in Zukunft wieder aufzuholen seien. Dazu kommt es, wenn die Sparkassen die Papiere bis zur Fälligkeit halten. Allein für 2022 rechnen die Sparkassen mit Zuschreibungen von gut 120 Millionen EUR.
Der Zinsanstieg von drei Prozentpunkten innerhalb eines Jahres stelle eine Sondersituation dar. In der Summe seien Sparkassen jedoch „grundsolide“ aufgestellt.
Auch der geschäftsführende Präsident des Verbands, Stefan Reuß, sieht keinen Grund für Panik. „Auch wenn wir in einer buchstäblich verrückten Welt leben, mit Krieg, Energiekrise und Inflation, stellt das Jahr 2022 für unsere Sparkassen doch auch einen Schritt in Richtung Normalität dar“. Die Kreditwirtschaft sei auf dem Weg zurück in eine normale Zinswelt. Derzeit durchlaufe die Branche eine „Übergangszeit, in der es an manchen Stellen noch etwas knirsche“.
Milliarden-Abschreibungen auch bei Genossenschaftsbanken
Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich bei Genossenschaftsbanken. Wie der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) bei seiner Jahrespressekonferenz in dieser Woche mitteilte, wurden im vergangenen Jahr Abschreibungen von 5,8 Milliarden EUR auf Fixed Income Papiere getätigt.
Um den Effekt auf die Bilanz abzuschwächen, setzten die Institute Vorsorgereserven in Höhe von 1,9 Milliarden EUR ein. Das Ergebnis vor Steuern sank auf 4,4 Milliarden EUR (nach 7,7 Milliarden EUR im Vorjahr).
BVR-Vorstand Daniel Quinten rechnet jedoch damit, dass die Genossenschaftsbanken ebenso wie die Sparkassen die Abschreibungen in kommenden Jahren wieder ausgleichen. „In den nächsten drei bis vier Jahren werden diese Abschreibungen in der Masse wieder durch Zuschreibungen zurückgeholt, da die Genossenschaftsbanken die Papiere fast immer bis zum Ende der Laufzeit halten“.
Das operative Geschäft verlief auch im Genossenschaftssektor positiv, wie unter anderem die Börsen-Zeitung berichtet: „Der Zinsüberschuss legte um 8,2 % auf 17,7 Mrd. Euro zu. Die Zinsspanne verbesserte sich von 1,47 auf 1,52 % der durchschnittlichen Bilanzsumme. Der Provisionsüberschuss stieg um 2,1 % auf 6,3 Mrd. Euro.“
Mitgliederschwund auf hohem Niveau
Im Kreditgeschäft wurde ein Wachstum von 6,5 % auf ein Volumen von 757 Mrd. EUR verzeichnet. Die Einlagen wuchsen um 3,4 % auf 861 Mrd. EUR. Die Kosten stiegen – unter anderem durch tarifliche Einmalzahlungen, Inflationseffekte sowie höhere Pensionsrückstellungen – um 3,7 % auf 15,8 Milliarden EUR.
Auch BVR-Präsidentin Marija Kolak sieht eine allmählich einsetzende Normalisierung der Zinslage. Obgleich ein starker Zinsanstieg zu Verwerfungen bei Anleihen führe, hätten die Banken des Sektors „ihre Kraft im operativen Geschäft erneut unter Beweis gestellt“.
Die Genossenschaftsbanken stehen auf einer breiten Basis. 2022 hatten 17,9 Millionen Menschen Genossenschaftsanteile gezeichnet, etwas weniger als im Vorjahr (18,2 Million). Vor zehn Jahren lag die Zahl mit 17,3 Millionen noch etwas niedriger.
Der Rückgang wird durch die Institute auf demographische Ursachen zurückgeführt. Die Gewinnung neuer Mitglieder genießt eine hohe Priorität. So wollen die Genossen insbesondere für jüngere attraktiv werden.