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Zunehmende Risikoaversion wegen Zinsängsten - Zins- und Inflationsausblick Eurozone

Veröffentlicht am 22.02.2023, 10:00
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Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0657 (05:27 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0638 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 134,90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 143,79. EUR-CHF oszilliert bei 0,9874.

Finanzmärkte: Zunehmende Risikoaversion wegen Zinsängsten

Die Finanzmärkte standen und stehen zu Wochenbeginn unter Druck. Risikoaversion nimmt erkennbar zu.

Zinsängste bilden für die aktuelle Gemütslage den Hintergrund. Sowohl seitens Vertretern der US-Notenbank als auch der EZB dominieren und dominierten Einlassungen, die erstens mehr Zinserhöhungen und ein längeres Festhalten an diesen erhöhten Niveaus signalisierten.

Bezüglich der voraussichtlichen Politik der EZB lieferte Goldman Sachs (NYSE:GS) eine Einschätzung, die ich teile (siehe unten). Goldman Sachs erwartet noch drei Zinserhöhungen seitens der EZB, zunächst einen Schritt um 0,50% per März, dann zwei weitere Schritte von 0,25% bis Juni.

Aktienmärkte standen gestern innerhalb der jüngst etablierten Bandbreiten unter Druck. Einmal mehr war der Abwärtsdruck an den US-Märkten ausgeprägter als an den europäischen Märkten. Asien eröffnet heute ebenfalls schwächer.

Die veränderten Zinserwartungen für die Eurozone als auch die USA schlagen sich an den Kapitalmärkten nieder. Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,55% (Vortag 2,46%). Damit erreichte die Rendite den höchsten Stand seit 2011. Die 10 jährige US-Staatsanleihe liefert eine Rendite in Höhe von 3,95% (Vortag 3,86%). Im Oktober letzten Jahres wurden bereits Renditespitzen in den USA bei 4,24% erreicht.

Nach dem Anstieg des Euros von circa 0,95 auf über 1,10 gegenüber dem USD zeigen sich Ermüdungserscheinungen. Dafür gibt es zwei Gründe. Die zarten Hoffnungswerte auf eine Deeskalation im Ukraine-Konflikt sind negiert. Reuters meldete gestern treffend: "Putin und Biden knapp ein Jahr nach Ukraine-Invasion unnachgiebig." Nachdem zuletzt die "falkenhaften" Einlassungen seitens der EZB dominierten, zogen und ziehen jetzt Vertreter der US-Notenbank nach. Ergo nehmen geopolitische Risiken für Europa stärker zu als für die USA und das Thema Einengung der Zinsdifferenz zu Gunsten des Euros ist zunächst konterkariert.

Die edlen Metalle haben es in diesem Zinsumfeld schwer. Sowohl Gold und Silber notieren auf den niedrigsten Niveaus seit Anfang Januar 2023.

Zins- und Inflationsausblick Eurozone

Geld- und Kapitalmarktzinsen stellen die Diskontierungsfaktoren für alle anderen Märkte dar. Die aktuelle Zinspolitikdebatten seitens der Granden der Zentralbanken haben zu einer Erhöhung der Zinserwartungen sowohl in den USA als auch in der Eurozone geführt. Es kam zu einer Verschiebung um 0,25% - 0,50% bei den Leitzinsen. Ergo liegen die Zielzonen für das Ende des Zinserhöhungszyklus jetzt in der Eurozone bei 3,75% - 4,00% und in den USA bezüglich der Fed Funds Rate bei 5,50% - 5,75%. Das Zeitfenster für diese Erhöhungen ist vor dem aktuellen Nachrichten- und Datenhintergrund und der darauf fußenden Extrapolation bis September 2023 angesiedelt.

Der Geldmarktzins ist eine bestimmende Größe. Der Kapitalmarktzins ist von ebenso hoher Bedeutung. Die Rendite der 10 jährigen Bundesanleihe liegt aktuell bei 2,55%. Seit Beginn der Zinserhöhungen der EZB (ausgehend von 0,00% am 21.06.2022) ergab sich ein Renditeanstieg der Bundesanleihe von 1,20% auf das aktuelle Niveau. Der Ausgangspunkt Ende Februar 2022 (Beginn Ukraine-Konflikt) ist rationaler. Zu dem Zeitpunkt lag die Rendite bei 0,20%. Ergo lässt sich auf den bisherigen Zeitraum ableiten, dass Leitzinserhöhungen der EZB um 3,00% am Kapitalmarkt eine Traktion von circa 80% hatten.

Wählt man den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung der EZB im Juni kam es zu einer Traktion am Kapitalmarkt in Höhe von rund 45%. Unter der Vorgabe, dass die Leitzinsen bis September 2023 bis auf 4,00% erhöht würden, errechnet sich unter Anwendung der oben dargestellten Traktionsberechnung ein Potential von minimal weiteren 0,45% (ergo circa 3,00% Rendite) und maximal 0,80% (ergo circa 3,35% Rendite). So weit zu anekdotischen Daten und ihrer Extrapolation.

Derartige Betrachtungen sind revisionsanfällig, weil der Verlauf der Vergangenheit nicht notwendig zukünftige unerwartete Entwicklungen in Politik und Wirtschaft berücksichtigt.

Entscheidend ist die weitere Inflationsentwicklung, weniger die Konjunkturentwicklung, da die EZB als auch die US-Notenbank das Thema Inflationsmanagement stärker im Fokus haben. Preisinflation hat vereinfacht ausgedrückt zwei Katalysatoren. Es gibt von außen wirkende Kräfte (exogen, beispielsweise Energiepreise) und von innen wirkende Kräfte (endogen, beispielsweise Lohn/Preisspirale). Nach vorne schauend sollten die exogenen Kräfte in den kommenden Monaten, insbesondere in dem 2. Quartal 2023 Entlastungseffekte mit sich bringen. Das hängt mit Basiseffekten (Jahresvergleich) zusammen.

So lag beispielsweise der Ölpreis (Brent) 2022 in dem 2. Quartal 2022 in einer Bandbreite zwischen 98 und 124 USD pro Fass. Es gilt hier den EUR zu berücksichtigen, der in diesem Zeitraum zwischen 1,0250 und 1,1000 schwankte. Zur Vereinfachung nehmen wir die Mittelwerte der beiden Größen (Öl 111 USD, EUR 1,0625). Der Mittelwert per 2. Quartal 2022 des Ölpreises auf EUR-Basis lag damit bei circa 104,50 EUR. Derzeit liegt der Ölpreis bei 83 USD und der EUR bei 1,0680. Ergo ergibt sich ein Preis in Höhe von circa 77,70 EUR pro Fass.

Unter der Maßgabe, dass das aktuelle Niveau von Öl und EUR dem Mittelwert im 2. Quartal 2023 entspräche, käme es zu einem deflationären Impuls in der Größenordnung von gut 25%. Das Problem, das die Zentralbanken umtreibt, ist konzentriert auf endogene Preistreiber, allen voran die Lohn- Preisspirale. Es stehen sportliche Größen von teilweise mehr als 10% Lohnforderungen im Raum. Diese Maximalwerte werden voraussichtlich nicht in der Breite erreicht, aber Größenordnungen von 4% - 7% sind realistisch.

Die Preisinflation wird sich in den kommenden Monaten weiter zurückbilden in Richtung der Kerninflationsraten. Die liegt in der Eurozone bei 5,2% (CPI aktuell 8,5%). In den USA ist diese Angleichung bereits weitgehend vollzogen (CPI 6,2%, Kerninflation 5,5%)

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Starke PMIs und starker ZEW-Index

Erstschätzungen S&P Einkaufsmanagerindices (PMIs) per Februar:

• Verarbeitendes Gewerbe: 48,5 (Prognose 49,3) nach zuvor 48,8
• Dienstleistungen: 53,0 (Prognose 51,0) nach zuvor 50,8
• Composite Index: 52,3 (Prognose 50,6) nach zuvor 50,3 (Höchststand seit 06/2022)

Deutschland: Der ZEW-Sentiment-Index verzeichnete per Februar einen Anstieg auf 28,1 Punkte (Prognose 22,0) nach zuvor 16,9 Zählern. Das war der höchste Indexstand seit 02/2022. Der ZEW-Lageindex verbesserte sich per Februar von zuvor -58,6 auf -45,1 Punkte (Prognose -50,5) und markierte das beste Ergebnis seit 06/2022.

UK: Starke PMIs

Erstschätzungen S&P Einkaufsmanagerindices (PMIs) per Februar:

• Verarbeitendes Gewerbe: 49,2 (Prognose 47,5) nach zuvor 47,0
• Dienstleistungen: 53,3 (Prognose 49,2) nach zuvor 48,7
• Composite Index: 53,0 (Prognose 49,0) nach zuvor 48,5

Der vom CBI ermittelte Index für den Auftragseingang der Industrie legte geringfügig von -17 auf -16 Punkte zu (Prognose -14). Der Index bewegt sich weiter auf den niedrigsten Niveaus seit Februar 2021.

USA: Starke Einkaufsmanagerindices - schwacher Immobilienmarkt

Erstschätzungen S&P Einkaufsmanagerindices (PMIs) per Februar:

• Verarbeitendes Gewerbe: 47,8 (Prognose 47,1) nach zuvor 46,9
• Dienstleistungen: 50,5 (Prognose 47,2) nach zuvor 46,8
• Composite Index: 50,2 (Prognose 47,5) nach zuvor 46,8

Der Absatz zuvor genutzter Wohnimmobilien stellte sich per Januar in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung (annualisiert) auf 4,00 Millionen (Prognose 4,10 Mio.) nach zuvor 4,03 Mio. Objekten. Mit Ausnahme der Corona-Krise (3,91 Mio.) war es der schwächste Wert seit Juli 2010 (3,83 Mio.).

Japan: Reuters Tankan für Dienstleister schwächer

Reuters Tankan Indices per Februar:

• Verarbeitendes Gewerbe: -6 nach zuvor -5 Punkten
• Dienstleistungssektor: 17 nach zuvor 20 Punkten

Neuseeland: Zinserhöhung um 0,50%

Die Notenbank erhöhte den Leitzins um 0,50% auf nun 4,75% (höchster Zins seit Ende 2008).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überwinden der bisherigen Höchstkurse bei 1,1000 - 1.1020 negiert das Szenario.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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