Über die Hintergründe zum Preisverfall beim Öl haben wir in der jüngeren Vergangenheit sehr ausführlich berichtet. Insbesondere unsere Leser wurden sehr mit aktuellen Informationen versorgt.
Morgen könnte die Talfahrt der Ölpreise enden
In dieser Woche schlitterten die Preise schon wieder deutlich abwärts, nachdem sie zuvor eine kleine Gegenbewegung zustande brachten. Doch Morgen könnte die Talfahrt endgültig ein Ende haben, denn dann findet in Wien das Treffen der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) statt, deren Mitglieder etwa ein Drittel der globalen Förderung kontrollieren. Und hier wird es darum gehen, ob und wie man den Preisverfall stoppen will.
Die Signale, die man bisher von einzelnen Mitgliedsstaaten erhalten hat, deuten darauf hin, dass es keinen Konsens darüber gibt, ob man die Fördermenge überhaupt reduzieren soll, obwohl die Ölpreise seit ihrem Hoch in Juni um etwa 30% gefallen sind.
Vieles deutet auf weiterhin hohe Fördermengen hin
Insbesondere Saudi-Arabien plane laut Medienberichten trotz des steigenden Ölangebotes aus den USA seine Fördermenge nicht zu reduzieren. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Saudis bereits in der Vergangenheit die Produktion drosselten, nur um dann feststellen zu müssen, dass andere die Lücke nutzten, um selbst mehr Öl zu verkaufen. Entsprechend sind es nun sogar die Saudis selbst, die im Kampf um Marktanteile die Förderung besonders aggressiv vorantreiben könnten.
Derweil schlossen Irak und Kurdistan ein Abkommen über ihre Ölexporte, durch das nächstes Jahr bis zu 400.000 Barrel pro Tag zusätzliches Erdöl auf den Weltmarkt gelangen könnten. Und durch die weitergehenden Verhandlungen, die der Iran mit den USA über sein Atomprogramm führt, besteht die Möglichkeit, dass im Falle einer Einigung iranisches Öl wieder im Westen gehandelt werden könnte.
Opec-Länder haben unterschiedliche Interessen
Das Problem ist derzeit einfach, dass die Opec-Länder stark unterschiedliche Interessen haben. Saudi-Arabien zum Beispiel verfügt über die größten ungenutzten Produktionskapazitäten der Welt und rund 30% der Opec-Förderung kommt von dort. Laut dem IWF benötigt das Land in diesem Jahr einen Ölpreis von rund 97,50 US-Dollar je Barrel, um seine Ausgaben stemmen zu können, ohne dabei in die roten Zahlen zu kommen oder die Reserven antasten zu müssen. Auch die entsprechenden Schwellen einiger anderer Golf-Staaten liegen über dem aktuellen Ölpreis. Katar und Kuwait hingegen könnten sogar mit noch niedrigeren Preisen leben.
Einhaltung der bisher beschlossenen Förderquoten wird den Preisverfall nicht stoppen
Worauf man sich auf dem morgigen Treffen vielleicht einigen könnte, wäre die striktere Überwachung der bereits existierenden Fördermengenbeschränkung von 30 Millionen Barrels pro Tag. Aber dies würde kaum ausreichen, um den seit Sommer erfolgten Preisverfall um mehr als 30% wieder umzukehren. Lediglich eine Stabilisierung der Preise auf ihrem aktuellen Niveau wäre in diesem Fall denkbar.
Spekulationen über das zukünftige Ölangebot drücken die Preise
Betrachtet man die Öllagerbestände der OECD, so ist der Preisverfall schwerer nachvollziehbar. Denn diese Signalgeber für das Verhältnis von Angebot und Nachfrage weisen einen fallenden Trend auf, was eigentlich ein positives Zeichen für den Ölpreis wäre.
Doch aktuell spielen Spekulationen über das zukünftige Ölangebot wohl die wichtigere Rolle bei der Preisentwicklung. Der Markt hat offenbar inzwischen die Erwartung vollständig verworfen, dass die Ukrainekrise und das Vorrücken der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ Auswirkungen auf das Ölangebot haben könnten. Zeitgleich gibt es einen Schieferöl- und Gas-Boom, den das Fracking in den USA ausgelöst hat.
Öl-Förderung der USA soll 2015 das Niveau des Rekordjahres 1972 erreichen
In den vergangenen fünf Jahren ist die US-amerikanische Ölförderung um rund 60% in die Höhe gegangen. Zum ersten Mal seit 1986 überstieg sie nach Angaben der US-Energieagentur EIA die Marke von 9 Millionen Barrel am Tag. Die USA als drittgrößter Ölproduzent der Welt nähern sich damit in großen Schritten Saudi-Arabien als Nummer zwei (Russland liegt bei der Ölförderung weltweit an der Spitze), weil sich die Produktion beim Schieferöl schneller fortentwickelt als gedacht. Saudi-Arabien förderte im vergangenen Jahr täglich im Schnitt 9,7 Millionen Barrel Öl, Russland kam auf 10,1 Millionen Fass. Rechnet man Nebenprodukte wie Kondensat und Erdgas hinzu, dann ist die Energieförderung der USA schon jetzt an beiden Ländern vorbeigezogen.
Die US-Energieagentur EIA erwartet, dass 2015 die Förderung das Niveau des Rekordjahres 1972 erreichen wird. Damals folgte kurz darauf die Ölkrise, wobei aber ein ähnliches Ereignis in der aktuellen Situation kaum zu erwarten ist.
Ein Nährboden für das Ende der Preiskorrektur?
Eigentlich sprechen die Argumente mehrheitlich für fallende Ölpreise und auch die Stimmung könnte kaum schlechter sein. Doch genau dies ist meist der Nährboden für ein Ende der Preiskorrektur. Zumal die niedrigeren Ölpreise ein großes Problem für die Zentralbanken bedeutet, da die Inflationsraten weltweit weiter fallen.
Klare Argumente für steigende Aktienkurse
Was die Aktienmärkte angeht, so ist dies ein klares Argument FÜR steigende Aktienkurse, weil damit die Goldpolitik länger expansiv bleiben muss, um die Deflation zu bekämpfen. Zudem dürfen sich die Bullen darüber freuen, dass der Rückgang der Ölpreise über kurz oder lang einen positiven Effekt auf die Wirtschaft weltweit haben wird.
Die Aktienmarkthausse dürfte also noch eine Weile anhalten, während die weitere Entwicklung der Ölpreise vom Ausgang des morgigen Treffens der Opec abhängen dürfte.
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 26.11.2014)