FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) beklagt Defizite in der Arbeit von Aufsichtsräten bei Banken in der Eurozone. Bei den meisten Instituten müssten diese Gremien unabhängiger vom Top-Management agieren, forderte die Chefin der EZB-Bankenaufsicht, Danièle Nouy, am Dienstag nach einer größeren Untersuchung bei den Banken. Dazu werteten die EZB-Aufseher unter anderem Protokolle von Aufsichtsratssitzungen aus. Laut EZB hat sich gezeigt, dass die Qualität der Debatten in den einzelnen Komitees stark verbesserungswürdig sei. In einer Reihe von Geldhäusern müsse dazu die Fachkompetenz der Kontrollräte verbessert werden. Grundsätzlich empfehlen die Aufseher den Banken eine möglichst vielfältige Besetzung der Kontrollgremien.
Die EZB hat den von ihr direkt überwachten 129 Banken der Eurozone die Empfehlungen zugestellt. Nun haben die Institute bis zu neun Monate Zeit, um entsprechende Verbesserungspläne auszuarbeiten. Nach der Sommerpause wollen die Aufseher rund 30 Geldhäuser genauer unter die Lupe nehmen. Die EZB will mit ihrem Vorgehen die Banken dazu motivieren, von den besten Beispielen zu lernen. Die Ergebnisse sollen sich auf die jährliche Bewertung für die Institute auswirken. In dem im Fachjargon SREP genannten Prozess legt die EZB vor allem individuelle Kapitalzuschläge für die Banken fest. Zudem vermisst die EZB bei den meisten Banken noch klare Leitlinien für die eigene Risikobereitschaft. Diese könnten das Risikobewusstsein innerhalb eines Hauses stärken und müssten zum jeweiligen Geschäftsmodell samt Kapital- und Liquiditätsplanung passen. Solche Leitlinien sollten etwa festlegen, wie viel Risiko die Bank eingehen möchte und wo die Grenzen sind. Diese Vorgaben sollten überwacht werden. Die EZB ist seit November 2014 für die Bankenaufsicht in der Eurozone zuständig. Neben der allgemeinen täglichen Überwachung der einzelnen Institute unterzieht die Notenbank die Institute dabei auch branchenweiten Vergleichen zu speziellen Themen, um Schwachstellen aufzudecken.