FRANKFURT (dpa-AFX) - Der anziehende Euro hat die zu Wochenbeginn erzielten Kursgewinne des Dax (DAX) ausradiert. Der deutsche Leitindex weitete am Mittwoch seine Vortagesverluste deutlich aus und fiel um 1,11 Prozent auf 13 069,17 Punkte. Ein starker Euro kann die Exportchancen deutscher Unternehmen schmälern. Damit dürfte die am Montag gestartete Weihnachtsrally erst einmal für beendet erklärt werden, schrieb Marktbeobachter Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets.
Auch bei weiteren wichtigen Indizes waren die Vorzeichen am Mittwoch rot. Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Werte schloss 0,77 Prozent tiefer bei 26 164,58 Zählern, und für den Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) ging es um 1,18 Prozent auf 2531,45 Punkte bergab. Thilo Müller, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft MB Fund Advisory, sprach gleichwohl auch von dünnen Handelsumsätzen zum Jahresende hin, so dass die starken Bewegungen zur Wochenmitte nicht überinterpretiert werden sollten.
Das Börsenstatistik-Magazin Index-Radar sprach von "Ernüchterung", nachdem der Dax zuletzt mit dem Sprung über die lange umkämpfte Marke von 13 250 Punkten den Eindruck erweckt habe, einen Jahresendspurt einläuten zu können.
Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank führte die Schwäche des Dax vor allem auf den Renditeanstieg am Anleihenmarkt zurück. Denn die kurz vor der Verabschiedung stehende US-Steuerreform wecke Zinsfantasien infolge eines befürchteten Inflationsanstieges. Höhere Zinsen aber lassen Aktien im Vergleich zu Anleihen in einem schlechteren Licht erscheinen. In diesem Zusammenhang ist es für Anleger auch eine beunruhigende Nachricht, dass immer mehr Zentralbanken über eine weniger lockere Geldpolitik nachdenken oder sogar auf diesen Kurs einschwenken.
Mit Blick auf die Einzelwerte verflachte derweil anfängliche Euphorie bei Innogy (4:IGY) nach dem Abschied von Konzernchef Peter Terium: Die Aktien büßten rund ein Prozent ein. Laut Analyst Arash Roshan Zamir von Warburg Research wirft der Schritt Fragen hinsichtlich der Strategie und der mittelfristigen Ziele auf. Auch für die Titel des Mutterkonzerns RWE (4:RWEG) ging es nach positivem Start nach unten.
Gegen den Trend schlugen sich die Anteilsscheine der Deutschen Post (4:DPWGn) mit minus 0,05 Prozent noch recht wacker. Am Markt wurde dies mit optimistischen Aussagen des Konkurrenten FedEx (112:FDX) begründet. Der US-Paketdienst hatte nach einem besser als erwartet ausgefallenen zweiten Geschäftsquartal seine Gewinnprognose angehoben.
Für Gesprächsstoff sorgte ansonsten wieder der Übernahmekampf um Stada (4:STAGn). Die Finanzinvestoren Bain und Cinven ködern die restlichen Aktionäre mit einer neuen Offerte. Die Aktien schnellten an der MDax-Spitze um gut 8 Prozent auf 88,10 Euro nach oben - und lagen damit weit oberhalb der nun gebotenen 74,40 Euro. Laut Ulrich Huwald von Warburg Research vermutlich deshalb, weil Anleger lieber auf eine versprochene "ewige Rendite" setzen. Er verwies darauf, dass sie eine jährliche Ausgleichszahlung von 3,82 Euro bekommen sollen, sofern Bain und Cinven mit ihrem erwünschten Gewinnabführungsvertrag durchkommen.
Bei den Steinhoff-Aktien (22:SNHJ) gehen die Turbulenzen wegen eines Bilanzskandals immer weiter. Nach einem erneuten Kurssturz um 20 Prozent am Vortag brachen sie nun nochmals um rund 35 Prozent ein. Der Ikea-Rivale ringt derzeit um seine Kreditlinien. Am Vortag wurde vor dem Frankfurter Landgericht außerdem die erste deutsche Anlegerklage eingereicht.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) beendete den Tag mit einem Minus von 0,83 Prozent bei 3552,65 Punkten. In Paris (CAC 40) und London (GB0001383545) fielen die Verluste geringer aus. An der New Yorker Wall Street bewegte sich der Dow Jones Industrial (Dow Jones Industrial Average) zum europäischen Handelsschluss kaum.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 0,17 Prozent am Vortag auf 0,22 Prozent. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) sank um 0,30 Prozent auf 140,96 Punkte. Der Bund-Future (DE0009652644) gab um 0,38 Prozent auf 161,88 Punkte nach. Der Kurs des Euro stieg: Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1845 (Dienstag: 1,1823) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8442 (0,8458) Euro.