FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) bricht das Schweigen: Nach langer Zeit der Stille hat sich die Notenbank zur deutlichen Aufwertung des Euro seit Jahresbeginn geäußert. Die jüngsten Schwankungen des Eurokurses seien eine "Quelle der Unsicherheit" und erforderten eine Überwachung, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag nach der Zinssitzung der EZB in Frankfurt. Der Euro reagierte auf die Bemerkungen aber nicht mit Kursverlusten, sondern stieg sogar an. Zuletzt kostete er mit 1,2030 US-Dollar einen halben Cent mehr als vor den Worten Draghis.
Draghi betonte, der Eurokurs sei nach wie vor kein Ziel der EZB-Geldpolitik. Allerdings habe er Auswirkungen auf Wachstum und Inflation. Ein höherer Eurokurs verteuert Ausfuhren aus dem Euroraum und verbilligt Einfuhren in das Währungsgebiet. In der Folge kann dadurch das Wirtschaftswachstum belastet und die Inflation gedrückt werden.
EURO IST WACHSTUMSRISIKO
Draghi bezeichnete die Entwicklung des Eurokurses als Wachstumsrisiko. Zudem verwies er darauf, dass die Notenbank ihre neuen Inflationsprognosen für die kommenden beiden Jahre auch wegen der Aufwertung des Euro gesenkt habe. Zu der Frage eines Journalisten, welches Wechselkursniveau aus seiner Sicht angebracht sei, sagte Draghi, er kommentiere Wechselkursniveaus grundsätzlich nicht.
Der Euro hat in diesem Jahr zum Dollar gut 14 Prozent aufgewertet. Zu anderen wichtigen Währungen sind die Gewinne schwächer. Dies ist eine Folge der Kursschwäche des Dollar seit Anfang des Jahres. Handelsgewichtet, also im Verhältnis zu Währungen wichtiger Handelspartner der Eurozone, hat der Euro seit Jahresbeginn etwa sechs Prozent aufgewertet. Der handelsgewichtete Eurokurs spielt für ökonomische Auswirkungen von Wechselkursschwankungen eine wesentlich größere Rolle als die Veränderung zu einer einzelnen Währung wie etwa dem Dollar.