WIEN (dpa-AFX) - Anfang Oktober mehr als 86 US-Dollar, Anfang Dezember nur knapp über 60: Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Rohölsorte Brent hat in den vergangenen Wochen eine gewaltige Talfahrt hingelegt, auch wenn es zu Wochenbeginn wieder bergauf ging. Nun triffen sich am Donnerstag und Freitag das Ölkartell Opec sowie die kooperierenden Staaten ("Opec+") in Wien. Das Ziel: Den Ölpreis zumindest wieder zu stabilisieren - und das aller Voraussicht nach mit einer Verlängerung oder gar Verschärfung der Förderkürzung.
"Dass die Förderkürzung auf 2019 verlängert wird, ist eigentlich klar. Die Frage ist nur, um wie viel und von welchem Ausgangsniveau sie berechnet wird", sagte der Commerzbank (4:CBKG)-Analyst Carsten Fritsch der Deutschen Presse-Agentur. Auch der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Suhail Al Mazroui, deutete im Gespräch mit der dpa an, dass die Produktion reduziert werden müsse. Die Opec habe aber keinen genauen Ölpreis zum Ziel, vielmehr gehe es um verantwortungsvolles Handeln für den weltweiten Ölmarkt.
Fritsch bezieht sich bei seiner Einschätzung auf die Zahlen der Internationalen Energieagentur. Demnach liegt der Bedarf an Opec-Öl im kommenden Jahr bei 31,3 Millionen Barrel pro Tag. Aktuell produzieren die 15 Opec-Staaten aber nach eigenen Angaben fast 33 Millionen Barrel täglich. Die Kürzung könnte also sehr deutlich ausfallen. Unterstützung bekommt die Opec dabei wohl von Russland, dem größten Produzenten aus dem Kreis der "Opec+"-Staaten. Am Rande des G20-Gipels in Buenos Aires haben sich Russland und Saudi-Arabien bereits auf ein entsprechendes Vorgehen verständigt.
Das derzeit geltende Produktionslimit von 32,5 Millionen Barrel am Tag wurde im Januar 2017 eingeführt. Zuletzt hatten Opec und "Opec+" diese Förderkürzung immer wieder verlängert und gleichzeitig darauf abgezielt, das Limit auch wirklich auszuschöpfen. Auf die Opec entfällt rund ein Drittel der gesamten Ölproduktion weltweit.
Dass nun eine erneute Kürzung im Raum steht, dürfte vor allen US-Präsident Donald Trump nicht gefallen. "Sollte sich die Weltwirtschaftslage weiter verschlechtern, wird es für Trump nicht schwierig sein, den Schuldigen zu finden, wenn sich die Ölpreise erhöhen", prophezeit David Welch vom Energieanalysten JBC. Trump rief die Opec zuletzt immer wieder auf, für einen niedrigeren Ölpreis zu sorgen. Dabei kam ihm entgegen, dass einige "Opec+"-Staaten ihre Produktion hochgefahren hatten, um die von Trump angekündigten Sanktionen gegen den Iran auszugleichen.
Trump hatte bei der Ankündigungen der Iran-Sanktionen erklärt, dass er die Ölexporte des Iran auf Null senken wollte. Letztlich fielen die Sanktionen aber nicht so streng aus, für die wichtigsten Abnehmer von iranischem Öl gibt es großzügige Ausnahmen. Entsprechend gingen so auch die iranischen Öl-Exporte nicht so drastisch zurück wie erwartet. Trump hatte aber genau so bekommen, was er wollte: Sanktionen gegen den Iran und gleichzeitig einen niedrigeren Ölpreis. Trump stellte sich zudem schützend vor das saudi-arabische Königshaus, dass durch den Fall Khashoggi massiv in Kritik geraten war. Die Saudis pumpten derweil fleißig Öl aus dem Boden. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg produzierte das Königreich Ende November 11,2 Millionen Barrel täglich - ein Rekordwert für das Land.
Die Einigung mit Putin beim G20-Gipfel habe aber nun gezeigt, dass sich Saudi-Arabien nicht komplett zum Gehilfen Trumps degradieren lasse und weiter auch seine eigenen Interessen vertrete, erklärt Analyst Fritsch. Und für das Königreich ist ein höherer Ölpreis von großer Bedeutung mit Blick auf den Staatshaushalt. Laut dem Internationalen Währungsfonds braucht Saudi-Arabien einen Ölpreis von rund 77 US-Dollar pro Barrel, um im Haushaltsjahr 2019 genügend Einnahmen zu generieren.
Dass Katar am Montag erklärt hat, die Opec Anfang 2019 verlassen zu wollen, hat laut Fritsch wenn überhaupt nur einen minimalen Einfluss auf das Treffen in Wien. Katar gehörte im Kartell zu den kleinen Produzenten. Außerdem sei noch nicht klar, ob sich das Emirat nun auch aus allen Abkommen zurückziehe oder als "Opec+"-Staat weiter kooperiere.