Investing.com - Für den Goldpreis war es bislang ein äußerst erfolgreiches Jahr. Mit einem Kursplus von knapp 30 Prozent rangiert es in der Performance-Tabelle der Metalle auf Platz 2 hinter Silber, das auf plus 52 Prozent kommt. Palladium und Kupfer belegen Rang drei und vier. Der Grund für die starke Goldpreisentwicklung ist in erster Linie auf die Reaktion der Zentralbanken und Regierungen auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, die mit billionenschweren Hilfsprogrammen ihre Volkswirtschaften vorerst vor dem Zusammenbruch gerettet haben. Die Zinsen wurden faktisch abgeschafft, die Staatsverschuldung explodierte, der US-Dollar wertete ab und Investoren strömten scharenweise auf den Goldmarkt, um sich gegen den Niedergang des Fiatgeldes zu schützen. Die logische Konsequenz war ein Ansturm auf das begehrte Edelmetall, das im August mit 2.073 Dollar ein neues Rekordhoch markierte. Auch gegenüber dem Euro, dem britischen Pfund, dem japanischen Yen, dem australischen und neuseeländischen Dollar sowie einer Vielzahl anderer Währungen markierte es neue Höchststände.
In den vergangenen Wochen hat Gold jedoch etwas an Glanz verloren. Zeitweise verlor es vom Rekordhoch mehr als 200 Dollar, bevor es sich wieder in die Nähe der runden Marke von 2.000 Dollar erholte. Der Pullback war aber wahrscheinlich mehr auf technische Faktoren zurückzuführen als auf die marktrelevanten fundamentalen Gründe, die den vertikalen Anstieg des Goldpreises seit den Corona-Tiefs im März angetrieben haben.
GOLD-GEWINNE BEI 2.200 DOLLAR GEDECKELT
Auch die französische Großbank Société Générale (PA:SOGN) geht von weiter steigenden Goldpreisen im ersten Quartal 2021 aus, wie Kitco die Experten zitiert. Gleichwohl könnte das Edelmetall mit einer Rückkehr zur Normalität ins Straucheln kommen.
In einem Bericht, der in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, erhöhten die Analysten der Société Générale ihre Goldpreisprognose, rechnen jedoch nur noch mit begrenzten Zugewinnen für das Edelmetall. Sie sehen den Goldpreis im Auftaktquartal bei durchschnittlich 2.200 Dollar je Feinunze, bevor er wieder zurückfällt, da sich die derzeit herrschenden Risiken allmählich zurückbilden.
"Wir sind bei Gold weniger optimistisch, da die Pandemie allmählich nachlässt, die Wirtschaft sich erholt und sich die Gesamtsituation wieder einigermaßen normalisiert", so die Edelmetallexperten der französischen Großbank.
INVESTORENNACHFRAGE NACH GOLD ALS ZÜNGLEIN AN DER WAAGE
Laut SocGen sei der kritische Faktor für den Goldmarkt und die Goldpreise nach wie vor die Investorennachfrage nach Exchange Traded Funds (ETFs). Vorausgesetzt, die ETF-Nachfrage kann das hohe Tempo des vergangenen Sommers aufrechterhalten und die Mittelzuflüsse steigen im kommenden Jahr um 41 Prozent, bestünde innerhalb der nächsten 12 Monate das Potenzial für einen Goldpreisanstieg auf über 3.000 Dollar, so die Analysten.
"Wir glauben jedoch nicht, dass die ETF-Bestände in den nächsten 12 Monaten um 41 Prozent zunehmen werden. Dies entspräche einem Anstieg um 1.382 Tonnen, was ziemlich unwahrscheinlich erscheint, wenn man bedenkt, dass große Vermögensverwalter und viele Kleinanleger ihre Goldallokation bereits aufgestockt haben", vermuten sie.
Nach Angaben der Bank dürfte die Nachfrage nach börsengehandelten Fonds um 9,5 Prozent wachsen. Dies würde einen Goldpreis von über 2.000 Dollar implizieren.
L-FÖRMIGE ERHOLUNG NACH CORONA HÄLT ZINSEN NIEDRIG
Da der Goldmarkt so sehr von der Investitionsnachfrage abhängig ist, erklärten die Analysten, dass viel von der Art der wirtschaftlichen Erholung nach Corona abhängig sei.
SocGen zufolge dürfte sich die Weltwirtschaft im Basisszenario L-förmig erholen, was die Zinssätze niedrig halten und den Goldpreis weiterhin gut unterstützen dürfte.
Das Risiko in diesem Szenario besteht in einem Ausverkauf auf breiter Front; ähnlich wie im März könnte Gold in den umfassenden Ausverkauf an den Finanzmärkten verwickelt werden.
Das wahrscheinlichere Szenario sei jedoch, dass die Anleger bei abnehmendem Marktvertrauen aus dem Aktienmarkt in den Goldmarkt abwandern würden.
"Im Falle einer L-förmigen Erholung würden Zuflüsse in Gold-ETFs diese Dynamik aufrechterhalten und die Preise in die Höhe treiben. Wie wir oben betonen, könnte Gold, wenn wir Zuströme in der Größenordnung von Mai und darüber hinaus beobachten, auf 3.000 Dollar klettern", so die Analysten.
SCHULDENKRISE KANN GOLD NOCH WERTVOLLER MACHEN
Ein weiterer Faktor, der nach Ansicht von SocGen den Goldpreis in die Höhe treiben könnte, ist eine potenzielle Schuldenkrise. Schließlich sei noch nie so viel Kapital in die Finanzmärkte geflossen wie heute.
"Da die Weltwirtschaft in eine tiefgreifende Rezession abrutscht, ist der Spielraum für Regierungen, ihren fiskalischen Kurs zu korrigieren, in den nächsten Jahren weiterhin begrenzt. Die steigenden Schuldenstände sind möglicherweise nicht nachhaltig, und wenn eine Staatsschuldenkrise ausbricht, werden Goldanlagen gefragt sein", so die Analysten.
Das bedeutendste Abwärtsrisiko für Gold ist eine stärker als erwartete Erholung der Weltwirtschaft.
Eine symmetrische V-förmige Konjunkturerholung sei der SocGen zufolge das gefährlichste Szenario für den Goldpreis. Denn dies würde die Sorgen um hohe Aktienmarktbewertungen sowie eine zu taubenhafte Geldpolitik der Zentralbanken zerstreuen. Gold würde so ein ähnliches Schicksal drohen wie 2013, als es in der Spitze um 45 Prozent tiefer notierte. Es dauerte dann acht Jahre, um die alten Preisniveaus wieder zu erreichen.
Der an der COMEX-Sparte der New Yorker Handelsbörse Nymex gehandelte Gold-Future für die Dezember-Lieferung steigt zur Stunde um 0,08 Prozent oder 1 Dollar auf 1.967 Dollar Dollar je Feinunze. Das Tageshoch liegt bislang bei 1.971,55 Dollar. Der Spot-Goldpreis gewinnt 0,28 Prozent oder 5,61 Dollar auf 1.959,58 Dollar je Feinunze.
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