von Robert Zach
Investing.com - Der Goldpreis is back. Gestern war das gelbe Metall um 83 Dollar oder 5,6 Prozent auf 1.567,60 Dollar je Feinunze gestiegen. Das war der höchste Preisanstieg in der Geschichte. Am Dienstag setzte sich der Preisanstieg der Feinunze Gold unvermindert fort. Zuletzt stand ein Plus von 74,5 Dollar oder 4,64 Prozent zu Buche. Grund dafür ist das neuste Maßnahmenpaket der Federal Reserve in noch nie dagewesener Größenordnung, mit so in den USA noch nie gekannten technischen Neuerungen, wie dem Kauf von Unternehmensanleihen am Sekundärmarkt mit einem Rating von "BBB" oder besser und einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren. Hinzu kommt das Versprechen der US-Notenbank, dass die Fed so viel Billionen von Dollar drucken wird, um Staats- und Hypothekenanleihen zu kaufen, damit die Zinsen niedrig bleiben. Karen Petrou, Managing Partner von Federal Financial Analytics sprach sogar von der "Fed in Gestalt eines B-1 Bombers, der Hunderte von Milliarden in eine verzweifelte Wirtschaft abwirft".
Eine solche massive Dollar-Schwemme dürfte den Dollar auf kurz oder lang erheblich schwächen. Ein schwächerer Dollar unterstützt in der Regel den Goldpreis, da das gelbe Metall außerhalb des Dollar-Raums kostspieliger wird.
Seit gestern hat der US-Dollar-Index, der den Greenback gegen sechs andere Währungen vergleicht, um 1,75 Prozent abgewertet. Damit liegt die Weltreservewährung auf Monatsbasis aber noch immer knapp 3,7 Prozent im Plus. Die starke Dollar-Aufwertung der letzten Wochen lag in erster Linie an einer breit angelegten Dollar-Knappheit. Das hatte den Goldpreis, der vom Mehrjahreshoch oberhalb von 1.700 Dollar gut 120 Dollar korrigierte, schwer belastet.
Hintergrund dafür waren ernsthafte Finanzierungsengpässe der Finanzmarktteilnehmer. Sie waren gezwungen, Liquidität aus bestehenden Positionen wie z.B. Gold und anderen Rohstoffen, zu generieren, um Dollars für andere Finanzierungsengpässe zu generieren. Hinzu kam der massive Preisverfall beim Ölpreis, der sich nur mit Müh und Not oberhalb der 20-Dollar-Marke halten konnte, nachdem der Coronavirus-bedingte Nachfrageeinbruch sowie die ausgebliebene OPEC+-Vereinbarung über eine umfassende Öl-Förderbremse zu einem historischen Preiseinbruch führte. Dies leitete eine Dollar-Knappheit in den Schwellenländern ein, erkennbar an der russischen Zentralbank, die womöglich auf die Netto-Verkäufer-Seite von Gold wechseln musste.
Einige große Investmenthäuser und Analysten glauben jetzt aber, dass sich der Stress am Finanzierungsmarkt dank der gestrigen Fed-Maßnahmen, vor allem dem QE Unendlich, allmählich umkehrt. Goldman Sachs (NYSE:GS) empfiehlt u.a. auf dieser Grundlage den Kauf von Gold zur Lieferung im Dezember. Das 12-Monats-Ziel der Goldmänner liegt bei 1.800 Dollar. Man sei "mehr und mehr zuversichtlich", dass dieses Ziel erreicht werden kann, hieß es in einer Notiz.
"Die Situation ähnelt der von 2008, als Gold zunächst ebenfalls nicht als sicherer Hafen galt und aufgrund des starken Dollars und des Ansturms auf Cash um etwa 20 Prozent fiel", erklärte Jeff Currie, Staranalyst bei Goldman Sachs.
Der "Wendepunkt" für Gold sei die Ankündigung der Federal Reserve im Jahr 2008 mit einem Programm zum Ankauf von 600 Milliarden Dollar an Schulden und Wertpapieren gewesen, so Currie, "woraufhin Gold trotz anhaltender Schwäche bei Aktien und Rohstoffen zu steigen begann".
"Ein ähnliches Muster zeichnet sich auch jetzt ab", glaubt der Goldman Sachs-Experte.
Gleichzeitig warnte er: "Während wir uns mit der Longposition auf Gold wohl fühlen, bedeutet das nicht, dass die Dollar-Knappheit bereits vollständig hinter uns liegt oder dass wir uns in anderen Rohstoffen long positionieren wollen". Dies sei auf den Ölpreis-Kollaps in jüngster Zeit zurückzuführen, der die Dollar-Knappheit verschärft habe.
Die tiefen Ölpreise stellen insbesondere für die Schwellenländer eine Herausforderung dar. Schließlich verschlechtert sich in der Regel neben der Leistungs- auch die Haushaltsbilanz, sofern ein Anstieg der Exportmenge ausbleibt.
"Wenn die schwachen Rohstoffpreise an Ersparnisse der Schwellenländer zehren, wirken sie sich auf die finanziellen Bedingungen und als Gegenwind für den Goldpreis aus, da der Dollar immer knapper wird", erklärte Currie.
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