Investing.com - Die großen Energieagenturen haben kürzlich alle ihre Prognosen für die Ölbilanz in diesem und im nächsten Jahr revidiert. Für die zweite Jahreshälfte 2024 deuten sie weiterhin auf eine Angebotsverknappung hin, so die Experten der Schweizer Großbank UBS (SIX:UBSG) (SIX:{943811|UBSG}).
Zu den Korrekturen gehören eine nach unten revidierte Prognose der Internationalen Energieagentur, die von einem geringeren Nachfragewachstum ausgeht, eine optimistische Prognose der Energy Information Administration, die von einer höheren Nachfrage ausgeht, und eine neutrale Prognose der OPEC.
„Angesichts der Verlängerung der freiwilligen Produktionskürzungen der OPEC+ gehen IEA und EIA davon aus, dass der Markt für den Rest des Jahres angespannt bleiben wird. Sie gehen auch davon aus, dass die OPEC+ ihre Produktion nur geringfügig erhöhen wird“, so die Rohstoffstrategien der UBS in einer Kundenmitteilung vom 18. Juni.
Die IEA begründete ihre Abwärtskorrektur mit der schwächeren OECD-Nachfrage und Basiseffekten, während die EIA zwar ebenfalls eine schwache OECD-Nachfrage feststellte, ihre Prognosen aber wegen der gestiegenen Nachfrage nach Bunkeröl infolge der Unterbrechungen im Roten Meer anhob.
Vor diesem Hintergrund „haben wir unsere Schätzungen für das Nachfragewachstum leicht auf 1,1 Millionen Barrel pro Tag für 2024 und 1,0 Millionen Barrel pro Tag für 2025 gesenkt“, so die Analysten.
Auf der Angebotsseite haben die Agenturen ihre Prognosen für das Nicht-OPEC+-Angebot weitgehend unverändert gelassen. Einzige Ausnahme ist die EIA, die ihre Wachstumsprognose für 2024 um 0,1 Millionen Barrel pro Tag anhob. Sie begründete dies mit der besser als erwarteten Angebotssituation in den USA im ersten Halbjahr 2024.
Kurzfristig rechnet die UBS damit, dass beispielsweise die Nordseesorte Brent dank der Verlängerung der OPEC+-Förderkürzungen und der saisonalen Nachfrageerholung wieder in den mittleren bis oberen 80-Dollar-Bereich zurückkehren wird.
Brent dürfte sich dann im nächsten Jahr in Richtung 80 Dollar pro Barrel bewegen, wenn die OPEC+ ab dem zweiten Quartal ihre Produktion schrittweise erhöht.
„Obwohl wir aufgrund des langsameren BIP-Wachstums und der höheren Preise negative Auswirkungen auf die Ölnachfrage erwarten, rechnen wir bis Ende der 2020er Jahre weiterhin mit einem Nachfragewachstum“, so die UBS. Mit steigender Effizienz und der zunehmenden Bedeutung von Elektrofahrzeugen dürfte sich das Nachfragewachstum in drei bis vier Jahren jedoch stark verlangsamen und bei rund 0,5 Millionen Fass pro Tag liegen. Im Jahr 2029 dürfte die weltweite Ölnachfrage dann ihren Höhepunkt erreicht haben.
Kurzfristig sehen die Experten die größten Aufwärtsrisiken in einer stärkeren Angebotsverknappung.
„Ausgedehnte Kürzungen der OPEC+ und ein potenziell stärkerer Rückgang der russischen Produktion in Verbindung mit einer robusten Nachfrage könnten den Brent-Ölpreis unserer Ansicht nach kurzfristig auf über 90 Dollar pro Barrel steigen lassen. Eine weitere Eskalation im Nahen Osten und Lieferunterbrechungen könnten den Preis näher an die 100-Dollar-Marke treiben“, so die UBS-Fachmänner weiter.
In ihrem Abwärtsszenario geht die Bank davon aus, dass die weltweite Konjunkturabschwächung die Ölnachfrage um rund 1,0 Millionen Barrel pro Tag stärker belasten wird als in ihrer Prognose.