Investing.com - Der Ölpreis gab heute im europäischen Handel leicht nach und beendete damit einen dreitägigen Erholungstrend unter dem wachsenden Druck eines starken Dollars. Derweil sorgte der Streit über die Anhebung der US-Schuldenobergrenze weiterhin für Ungewissheit an den Märkten, da die Frist für eine Einigung im Juni immer näher rückt.
Gewinnmitnahmen belasteten den Rohölpreis. Der Preis für das schwarze Gold konnte sich in den vergangenen Handelstagen deutlich erholen und erreichte dabei ein 3-Wochen-Hoch. Die Rallye war weitgehend auf die Erwartung einer Verknappung des US-Angebots vor der reisefreudigen Sommersaison zurückzuführen.
Auch eine Warnung des saudi-arabischen Energieministers vor Leerverkäufen von Öl gab den Preisen Auftrieb.
Dem standen jedoch wachsende Ängste vor einer Zahlungsunfähigkeit der USA gegenüber, da die Verhandlungspartner kaum Fortschritte bei der Einigung auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze erzielen. Eine tatsächliche Zahlungsunfähigkeit kann die USA in eine ernsthafte Rezession stürzen und hätte weitreichende Folgen für die Weltwirtschaft. Laut US-Finanzministerin Janet Yellen gilt derzeit der 1. Juni als Stichtag für eine Zahlungsunfähigkeit.
Für das an der ICE gehandelte Barrel der Sorte Brent Öl ging es um 0,2 % nach unten auf 78,18 USD pro Barrel, während das an der Warenterminbörse NYMEX in New York gehandelte Rohöl der Sorte West Texas Intermediate WTI ein Minus von 0,3 % verzeichnete und bei 74,05 USD pro Barrel gehandelt wurde. Beide Kontrakte stiegen gestern um fast 2 %, nachdem Daten gezeigt hatten, dass die US-amerikanischen Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche deutlich stärker als erwartet gesunken waren.
Die Stärke des Dollar sorgte derweil für zusätzliche Belastung auf den Ölmärkten, da die Erwartung, dass die US-Leitzinsen noch länger erhöht bleiben werden, den Dollar gegenüber anderen ausgewählten Währungen auf ein 2-Monats-Hoch trieb.
Aus dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll der Mai-Sitzung der Fed ging hervor, dass die Notenbanker zwar unentschlossen waren, ob sie die Leitzinsen im Juni weiter anheben würden, gleichzeitig gaben sie aber auch keinen Hinweis auf eine Zinssenkung in diesem Jahr.
Ein stärkerer Dollar macht Rohöl für internationale Käufer teurer und dämpft die Nachfrage.
Auch andere Faktoren sorgen dafür, dass die Märkte in diesem Jahr einen Nachfragerückgang befürchten. Hauptimporteur China sieht sich mit einem Wiederanstieg der Coronafälle konfrontiert, die nach Einschätzung der Regierung Ende Juni ihren Höhepunkt erreichen werden. Obwohl die Variante des Virus, die China betrifft, offenbar mild ist, befürchteten die Märkte weitere Störungen.
Der Ausbruch kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Reihe von Indikatoren im April zeigten, dass dem chinesischen Wirtschaftsaufschwung die Luft ausgeht, was Zweifel an den Prognosen aufkommen lässt, dass China die Ölnachfrage in diesem Jahr auf ein Rekordhoch treiben wird.
Schwache Wirtschaftsindikatoren aus den USA, der Eurozone und dem Vereinigten Königreich wiesen zudem auf eine anhaltende Verlangsamung der Produktionstätigkeit hin, was die Aussichten für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr eintrübte.
Die Ölpreise bleiben im bisherigen Jahresverlauf auf niedrigem Niveau und steuern auf den fünften Monatsrückgang in Folge zu. Hintergrund sind Befürchtungen, dass das nachlassende Wirtschaftswachstum die Nachfrage schmälern wird.