Investing.com - Der Ölpreis stabilisierte sich heute im frühen europäischen Handel und konsolidierte auf einem Zehnmonatshoch. Gestern ließen unerwartet deutliche Förderkürzungen durch Saudi-Arabien und Russland die Preise für das schwarze Gold in die Höhe schnellen. Das deutet auf eine Angebotsverknappung im weiteren Verlauf des Jahres hin.
Nach der Ankündigung Saudi-Arabiens, die derzeitige Förderkürzung um eine Million Barrel pro Tag bis Ende Dezember zu verlängern, stieg der Ölpreis kräftig an. Russland will seine Exportbeschränkungen von 300.000 Barrel pro Tag bis Ende des Jahres beibehalten. Beide Länder kündigten zudem an, die Kürzungen monatlich zu überprüfen und den Marktbedingungen anzupassen.
Dieser Schritt kam für die Märkte größtenteils überraschend. Analysten hatten eine Verlängerung der saudischen und russischen Förderbeschränkungen nur bis Ende Oktober erwartet. Das Ölangebot dürfte nun in diesem Jahr deutlich knapper werden, insbesondere bei gleichbleibender Nachfrage.
Das an der ICE gehandelte Barrel der Sorte Brent Öl notiert aktuell wieder 0,4 % tiefer bei 89,62 Dollar pro Barrel und auch das an der Warenterminbörse NYMEX in New York gehandelte Rohöl der Sorte West Texas Intermediate WTI gibt aktuell wieder leicht nach auf 86,42 Dollar pro Barrel. Dennoch notieren beide Ölsorten aktuell auf dem höchsten Stand seit Mitte November.
Konjunkturpessimismus vs. Angebotskürzungen
Die gestern angekündigten Angebotskürzungen haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Märkte die Sorgen über die schwache Nachfrage in China weitgehend ignoriert haben, die auf eine Reihe von uneinheitlichen Konjunkturdaten des weltgrößten Ölimporteurs folgten.
Auch der Druck durch einen stärkeren Dollar, der in dieser Woche ein 6-Monats-Hoch erreicht hatte, konnte die Preisentwicklung beim schwarzen Gold nicht aufhalten.
Die Ölpreise sind seit Jahresbeginn stark unter Druck geraten, da sich die Konjunkturerholung in China verlangsamt hat und die US-Notenbank Fed ihre hawkishe Rhetorik weitgehend beibehalten hat.
In der Folge fiel der Ölpreis auf 70 Dollar pro Barrel, woraufhin Saudi-Arabien seine Produktion drosselte, um die Preise zu stützen. Seit April hat das Königreich zusammen mit Russland eine Reihe von Förderkürzungen angekündigt, die wiederum den Ölpreis auf Jahressicht nach oben getrieben haben. Sowohl Brent als auch WTI werden 2023 mit einem Preisplus von rund 10 % gehandelt.
Der starke Ölpreisanstieg hat die Märkte jedoch verunsichert. Investoren befürchten ein Wiederaufflammen der Inflation durch höhere Kraftstoffpreise, was wiederum die Weltwirtschaft belasten könnte.
Brent und WTI in Backwardation
Die beiden meistgehandelten Ölkontrakte notieren derzeit mit einem Aufschlag gegenüber den Kontrakten mit späterer Fälligkeit. So notierte der Brent-Future mit Fälligkeit im Dezember bei 89,51 Dollar pro Barrel, während der WTI-Future mit Fälligkeit im November bei 86,15 Dollar pro Barrel notierte.
Ein solches Phänomen wird als Backwardation bezeichnet und deutet darauf hin, dass die kurzfristige Nachfrage nach Öl, insbesondere für sofortige Lieferungen, voraussichtlich deutlich höher sein wird als die Nachfrage zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr.