FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat sich von der jüngst guten Stimmung an den US-Börsen am Donnerstag nicht anstecken lassen. Zahlreiche Gewinnwarnungen großer Konzerne drückten hierzulande auf die Stimmung der Anleger. Am späten Vormittag notierte der Dax (DAX) 0,17 Prozent höher bei 12 394,25 Punkten.
Der MDax (MDAX), der die Aktien mittelgroßer Unternehmen repräsentiert, gewann 0,18 Prozent auf 25 867,14 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um rund 0,3 Prozent nach oben.
An der Wall Street und der Nasdaq hatten es die wichtigsten Indizes - beflügelt von Zinssenkungshoffnungen - am Vorabend auf Rekordhochs geschafft, die im späten Handel allerdings nicht gehalten werden konnten. Für Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets sieht es dennoch so aus, "als würde die Wall Street jetzt den Ausbruch aus ihrer anderthalb Jahre andauernden Seitwärtsphase schaffen und damit auch den nun schon eine Dekade andauernden Bullenmarkt fortsetzen können".
Nach den Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell am Vortag sei klar, dass es am 31. Juli eine Zinssenkung in den USA geben werde. "Und die Statistik belegt: Jedes Mal, wenn die Zinsen gesenkt wurden, ohne dass sich die USA in einer Rezession befanden, führte dies am Aktienmarkt übergeordnet zu Kursgewinnen", so Stanzl.
Marktanalyst Milan Cutkovic von AxiTrader erinnerte zudem daran, dass auch die Europäische Zentralbank zuletzt signalisiert hatte, ihre Geldpolitik noch weiter zu lockern. "Sobald der Widerstand von 12 500 Zählern im Dax überwunden wird, steht einer Fortsetzung der Rally in Richtung 12 800 Punkte nichts mehr im Weg", glaubt Cutkovic.
Aus Branchensicht standen Chemiewerte nach einer negativen Sektorstudie der UBS (SIX:UBSG) erneut unter Verkaufsdruck. Analyst Andrew Stott zeigte sich zur bevorstehenden Berichtssaison der Chemieindustrie und auch für das zweite Halbjahr skeptisch. So fielen die Aktien des Kunststoffkonzerns Covestro (4:1COV) als Dax-Schlusslicht um 2,4 Prozent. Die Papiere von BASF (4:BASFN) sanken um 0,6 Prozent und jene von Evonik (DE:EVKn) um 1,0 Prozent.
Auf Unternehmensseite sorgten drei weitere Gewinnwarnungen für Aufsehen: Der Abfüllanlagenhersteller Krones (4:KRNG), die Deutsche Beteiligungs AG (4:DBANn) (DBAG) und der Maschinenbauer Aumann (105:AAGG) senkten ihre Geschäftsziele. Zudem enttäuschten die Quartalszahlen der Optikerkette Fielmann (112:FIEG) und von Europas größtem Zuckerproduzent Südzucker (4:SZUG). Positiv interpretierte Kennziffern lieferte hingegen der Spezialverpackungshersteller Gerresheimer (0:GXId) ab.
Es zeichne sich ab, dass das Ergebnis aus dem Beteiligungsgeschäft im zweiten Quartal um bis zu 50 Prozent niedriger liegen wird als im Vorjahr, teilte die DBAG mit. Folglich werde das Konzernergebnis deutlich niedriger ausfallen als im Vorjahr. Die Aktien sackten um 7,2 Prozent ab.
Aumann schraubte wegen eines enttäuschenden Auftragseingangs im ersten Halbjahr seine Ansprüche an 2019 zurück. Die Papiere brachen um mehr als 18 Prozent auf ein Rekordtief ein.
Krones rechnet für das Gesamtjahr nur noch mit einer Vorsteuermarge von 3 Prozent und damit der Hälfte des bisher erwarteten. Analystin Nika Zimmermann von der Deutschen Bank (DE:DBKGn) erwartet, dass auch die Markterwartungen für das Vorsteuerergebnis nun auf die Hälfte eingestampft werden. Zudem dürften die Prognosen für die Folgejahre gekappt werden. Krones-Titel fielen auf das tiefste Niveau seit Frühjahr 2014 und verloren am SDax-Ende zuletzt rund 20 Prozent.
Südzucker bekam derweil den Verfall der Zuckerpreise im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres erneut zu spüren. Das operative Ergebnis brach um fast 40 Prozent ein. Ihre Jahresziele bestätigten die Mannheimer aber immerhin. Die Aktien büßten 4,5 Prozent ein.
Fielmann verdiente im zweiten Quartal mehr als im Vorjahr, allerdings fiel das Gewinnwachstum nicht mehr ganz so stark aus wie im ersten Jahresviertel. Die Prognose für 2019 bestätigte das Unternehmen. Den Anlegern war dies aber nicht genug, denn die Aktien fielen am MDax-Ende um 3,8 Prozent.
Gerresheimer profitierte hingegen von einer ungebrochenen Nachfrage von Pharma- und Kosmetikunternehmen. Der Umsatz stieg im zweiten Geschäftsquartal bis Ende Mai im Jahresvergleich um 7,2 Prozent. Gerresheimer-Aktien stiegen zuletzt um satte 7 Prozent auf 69,65 Euro. Im frühen Handel waren sie bis auf 71,35 Euro und damit auf den höchsten Stand seit ihrem Jahreshoch im April geklettert.
Aixtron-Anteilsscheine (4:AIXGn) büßten 5,5 Prozent ein und sanken auf den tiefsten Stand seit fast zwei Jahren. Zuvor hatte die Investmentbank Oddo BHF die Aktien des Anlagenbauers von "Buy" auf "Neutral" abgestuft und das Kursziel von 12 auf 8 Euro gesenkt. Das zweite Quartal dürfte schwach verlaufen sein und so den Druck für das zweite Halbjahr erhöhen, schrieb Analyst Stephane Houri.