Investing.com - Der Krypto-Markt befand sich seit Wochen in Party-Laune und erweckte fast den Anschein, unverwundbar zu sein. Doch am Dienstag änderte sich das plötzlich. Bitcoin rauschte innerhalb weniger Minuten um bis zu 15 Prozent in die Tiefe und testete seine für den übergeordneten Trend relevante exponentielle 20-Wochen-Linie bei 43.135 Dollar, die in der Vergangenheit bereits mehrfach als Sprungbrett für höhere Kurse gedient hatte.
In einem Exklusivkommentar gegenüber Investing.com erklärte Alexander Voigt, Gründer und CEO von daytradingz.com, dass der heutige Flash-Crash am Markt für Kryptowährungen als "normale Konsolidierung in einem volatilen Markt" zu verstehen sei.
"Ähnliche Konsolidierungsmuster haben wir in diesem Jahr schon etwa 10 Mal gesehen. Was jedoch heute hervorsticht, ist, dass das Handelsvolumen relativ gering ist. Dies deutet darauf hin, dass die Händler nach dem langen Wochenende nicht so viele stützende Kauforders im Markt hatten, so dass selbst relativ kleine Verkaufsorders den Markt zum Einsturz bringen konnten. Voraussichtlich wird sich der Markt ein paar Tage lang in einer Spanne von +5.000 Dollar um 47.000 Dollar herum konsolidieren, bevor er sich für eine Richtung entscheidet."
Um 19:32 Uhr hatte der BTC/USD bereits mehr als ein Drittel seiner Verluste wieder wettgemacht und lag zuletzt knapp 4.000 Dollar über seinen Korrekturtiefs bei 46.830 Dollar.
Der Kurssturz bei Bitcoin sorgte auch auf dem Altcoin-Markt für Turbulenzen. Highflyer wie Cardano und Ethereum rutschten binnen weniger Minuten um bis zu 25 Prozent ab, bevor sie einen Teil ihrer Verluste wieder aufholen konnten. (Mehr dazu hier, hier und hier).
Ein ähnliches Bild ergab sich beim Blick auf die Chartverläufe von Ripples XRP, Dogecoin, Binance Coin und Polkadot. Einzig Solana konnte sich unter den Top 10 der Kryptowährungen im Plus halten (mehr dazu hier).
Krypto-Quant Benjamin Cowen kommentierte den Tag am Krypto-Markt mit den Worten: "Ein ganz normaler Tag im Krypto-Universum."
Kryptowährungen sind für ihre hohe Volatilität bekannt, weil die Menge an Geld in diesem Markt im Vergleich zum Aktien- oder Rohstoffmarkt noch so gering ist. Erreichte Bitcoin Mitte April mit 64.700 Dollar noch ein Rekordhoch, stand die nach Marktkapitalisierung wichtigste Kryptowährung zwei Monate später mehr als 30.000 Dollar tiefer. Nach einer kurzen Konsolidierung erwachten die BTC-Bullen wieder zum Leben und hievten die Cyberdevise zurück auf die 50.000 Dollar-Marke.
Waren Krypto-Wale für den Flash-Crash beim Bitcoin verantwortlich?
Was den dynamischen Ausverkauf angestoßen hat, ist noch unklar. Auf Twitter werden sogenannte Bitcoin-Wale für den Flash-Crash verantwortlich gemacht, die mit ihren Investitionen den noch vergleichsweise jungen Krypto-Markt nach Belieben dominieren.
Befürworter dieser Theorie ist Scott Melker, der auf Twitter unter dem Pseudonym The Wolf Of All Streets aktiv ist. Gleichzeitig zieht er eine Verbindung zu El Salvador, wo Bitcoin seit heute ein offizielles Zahlungsmittel ist.
"Ich bin kein Freund von Verschwörungstheorien, aber ein aggressiver Ausverkauf an dem Tag, an dem El Salvador #Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel anerkennt, während die Weltbank und andere bereits ihre Missbilligung über diese Entscheidung geäußert haben, ist wohl nicht rein zufällig."
Die Weltbank hatte zuvor mitgeteilt, El Salvador bei seinen Bitcoin-Plänen nicht unterstützen zu wollen. Als Grund nannte die Instituten u.a. Umwelt- und Transparenzmängel bei der Kryptowährung.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte sich im August explizit gegen Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel ausgesprochen, ohne dabei jedoch El Salvador zu erwähnen.
"Als nationale Währung sind Kryptowährungen – inklusive Bitcoin – mit einem erheblichen Risiko für die makrofinanzielle Stabilität, die finanzielle Integrität, den Konsumentenschutz und die Umwelt verbunden", hieß es in einem Blogeintrag des IWF.
El Salvadors Präsident Nayib Bukele bedankte sich jedenfalls beim IWF für den Kurseinbruch beim Bitcoin und spielte damit wohl auf Melkers Theorie an, dass verschiedene Institutionen den Bitcoin in einer koordinierten Aktion auf Talfahrt geschickt haben, um El Salvador in die Schranken zu weisen.
"Danke für den Dip @IMFNews . So konnten wir eine Million an bedrucktem Papier einsparen.
El Salvador besitzt jetzt 550 Bitcoin."
Beim jüngsten Bitcoin-Dip hat El Salvador laut Bukele 150 Bitcoins eingesammelt, was wohl ebenfalls zur Stabilisierung der Krypto-Märkte beigetragen hat.
El Salvador hat heute als erstes Land Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel anerkannt. Laut dem Präsidenten des Landes soll dieser Schritt das Leben und die Zukunft vieler Menschen verbessern. Politiker und Mainstream-Medien laufen seit Monaten Sturm gegen diese Entscheidung, womöglich auch deshalb, weil sie erkennen, dass sich die Epoche der Fiat-Währungen langsam aber sicher seinem Ende entgegen steuert. Nur so ist es zu erklären, dass der US-Dollar und der Euro seit 2020 mehr als 80 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Bitcoin verloren haben.