Berlin, 09. Mai (Reuters) - Die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte 2020 hat die deutsche Konjunktur einer Studie zufolge inmitten der Corona-Pandemie merklich stabilisiert. Das Bruttoinlandsprodukt sei dadurch um 0,5 Prozent erhöht worden, geht aus dem Reuters am Sonntag vorliegenden neuen Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Der Effekt hätte sogar bei rund einem Prozent liegen können, wenn die Mehrwertsteuersenkung vollständig an die Verbraucher weitergegeben worden wäre.
"Dennoch hat sie ihr Ziel, kurzfristig den Konsum zu stabilisieren, erreicht", heißt es in der Studie. "Insbesondere die Nachfrage nach Gebrauchsgütern wie Elektrogeräte, Möbel, Fahrräder und Autos profitierte." Allerdings gebe es auch einen Wermutstropfen. "In vielen Fällen handelte es sich um vorgezogene und nicht um zusätzliche Käufe – entsprechend geringer ist die Nachfrage insbesondere in diesem Jahr", so die Forscher.
Aus finanzpolitischer Perspektive fällt die Gesamtbilanz der Mehrwertsteuersenkung nach Einschätzung des DIW jedoch nicht so positiv aus. "Zum einen ist sie recht kostenintensiv und zum anderen werden die positiven Effekte in den Folgejahren mit dann wieder höheren Preisen zumindest teilweise kompensiert", betonten die Forscher. Unterm Strich dürfte sich die Mehrwertsteuersenkung nicht selbst finanziert haben, da sie in erster Linie den kurzfristigen Konsum gestützt habe.
Die Bundesregierung hatte den regulären Mehrwertsteuersatz in der zweiten Jahreshälfte 2020 von 19 auf 16 sowie den ermäßigte Satz von sieben auf fünf Prozent gesenkt. Wegen der heftigen Corona-bedingten Einbrüche in der ersten Jahreshälfte schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr um 4,8 Prozent.