Von Geoffrey Smith
Investing.com - Die Inflation in Großbritannien hat im Oktober ein neues Jahrzehntehoch erreicht. Steigende Lebensmittel- und Energiepreise üben weiterhin unerbittlichen Druck auf das verfügbare Einkommen der Briten aus.
Wie das Office for National Statistics (ONS) mitteilte, ist der Verbraucherpreisindex trotz der Bemühungen der Regierung erneut um kräftige 11,1 % gestiegen. Ökonomen hatten eine Jahresteuerung von 10,7 % prognostiziert.
Die Zahlen zeichnen auch für die britische Regierung ein düsteres Bild, da sich die Kosten für die Bedienung ihrer Schulden um weitere Milliarden erhöhen wird. Denn ein Viertel der britischen Schulden ist direkt an die jährliche Inflationsrate gekoppelt.
Die Regierung wird am Donnerstag ihre neuen Steuer- und Ausgabenpläne für die kommenden Jahre vorstellen und dabei den jüngsten Inflationsschub in ihre Planung einbeziehen müssen.
„Diese heimtückische Steuer frisst Gehaltsschecks, Haushaltsbudgets und Ersparnisse auf und vereitelt gleichzeitig jede Chance auf langfristiges Wirtschaftswachstum“, sagte Finanzminister Jeremy Hunt in einer Erklärung und fügte hinzu: „Es ist unsere Pflicht, der Bank of England bei ihrer Mission, die Inflation wieder auf das Ziel zu bringen, zu helfen, indem wir verantwortungsvoll mit den Finanzen gehen.“
Obwohl dies im Voraus bereits klar war, war es der Anstieg der Energiepreise für Haushalte, der immer noch den größten Teil der Aufwärtsüberraschung in den Zahlen ausmachte. Nach Angaben des ONS stiegen die Preise für Gas, Strom und andere Brennstoffe seit September um 24,3 %. Dabei stiegen die Preise für Gas um fast 37 % und für Strom um fast 17 %. Ohne die Energiepreisgarantie der Vorgängerregierung wären die Kraftstoffpreise seit September um fast 75 % gestiegen, so die Statistikbehörde.
Im Jahresvergleich stiegen die Kraftstoffpreise gegenüber dem Vorjahr um 88,9 %.
Die Energiepreise waren jedoch nicht das einzige Element, das für den jüngsten Preisschock verantwortlich war. Die Preise für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke stiegen ebenfalls um 2,0 %, was einem Anstieg von 16,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Das ist der höchste Anstieg seit den 1970er-Jahren.
Die Konzentration der Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln und Energie bedeutet, dass die ärmsten Teile der Bevölkerung am stärksten von der Inflation betroffen sind. Denn sie müssen in der Regel einen größeren Teil ihres Einkommens für das Lebensnotwendige aufwenden.
Doch selbst nach Herausnahme dieser Komponenten stieg die Kerninflation immer noch um satte 0,7 %, gegenüber 0,5 % im September.
Die Zahlen sind der jüngste Beweis dafür, dass die britischen Einkommen in diesem Jahr nicht mit der Inflation Schritt halten können, obwohl auch die Löhne so schnell wie seit 20 Jahren nicht mehr steigen. Die am Dienstag veröffentlichten Daten zeigen, dass die durchschnittlichen Einkommen ohne Boni im Jahresvergleich bis September um 5,7 % gestiegen sind.
Ein Trostpflaster der ansonsten deprimierenden Zahlen war, dass die Erzeugerpreise weniger stark als erwartet gestiegen sind. Das ist immerhin ein Zeichen dafür, dass die Unternehmen, die ihre Gewinnmargen früher ausgeweitet haben, nun mehr Disziplin zeigen müssen, wenn die Nachfrage nachlässt.
Der Index der Herstellerpreise lag nur bei 0,3 %, eine gegenüber September unveränderte Rate. Erwartet wurde ein Wert von 0,5 %.
Viele Analysten hatten erwarten, dass die Oktoberzahlen den Höhepunkt der jährlichen Inflation darstellen werden, da der starke Anstieg der Rohölpreise Ende letzten Jahres in den kommenden Monaten einen höheren Basiseffekt erzeugen wird. Hunt hat jedoch signalisiert, dass die Regierung es sich nicht leisten kann, die Energiepreise für Haushalte über den nächsten April hinaus mit dem aktuellen Satz zu subventionieren. Das sorgt für ein hohes Maß an Unsicherheit, wie schnell die Inflation eingedämmt werden kann.