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KRIM-KRISE/ROUNDUP 2: Russland greift zur Internet-Zensur

Veröffentlicht am 14.03.2014, 16:19

MOSKAU (dpa-AFX) - Es ist ein selbst für russische Verhältnisse ungewöhnlich harter Schlag gegen die Pressefreiheit. Die Medienaufsicht in Moskau nimmt in ihre ohnehin umstrittene Liste verbotener Internetseiten nun gleich vier der populärsten Portale auf, die Russen eine Meinungsbildung unabhängig von der Staatspropaganda und Kremlchef Wladimir Putin ermöglichen.

Wer in Russland die Seiten kasparov.ru, grani.ru und ej.ru oder des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny (navalny.livejournal.com) aufruft, bekommt nun nur noch Fehlerhinweise oder die Information, dass die Portale verboten seien. Auch der viel genutzte Online-Auftritt des kremlkritischen Radiosenders Echo Moskwy beklagt in der Nacht zum Freitag zeitweilige Blockaden - bis ein Blog von Nawalny dort gesperrt wird.

In der analytischen Online-Zeitung 'Eschednewny Journal' (ej.ru) nehmen angesehene Experten Russlands Politik kritisch unter die Lupe. Die vom Kreml unabhängigen Kommentare sind in Russland extrem begehrt. Das nach dem Oppositionspolitiker und Schachweltmeister Garri Kasparow benannte Portal kasparov.ru berichtet anders als Staatsmedien über Festnahmen und Anliegen von Regierungsgegnern bei Protestaktionen.

Auch bei der nun verbotenen Seite grani.ru kommt die Opposition anders als in den vom Kreml gesteuerten Medien noch zu Wort. Die Seite veröffentlicht etwa einen Brief von prominenten Intellektuellen, die Putins Ukraine-Politik scharf kritisieren. Brandgefährlich und eine Verletzung des internationalen Rechts sei die Annexion der Halbinsel Krim, heißt es in dem Schreiben.

Der Einfluss dieser Medien ist nun beschnitten. 'Diese Seiten enthalten Aufrufe zu ungesetzlichen Tätigkeiten', begründet die Medienaufsicht in Moskau die Sperranordnungen. Der Kreml verfolgt die unkontrollierte Meinungsflut im Internet seit langem mit Argwohn.

Immer wieder haben die Machthaber in Moskau Gesetze erlassen, die unter dem Vorwand des Kampfes gegen Terrorismus und Extremismus und auch für den Kinderschutz weitreichende Eingriffe ins Mediengeschäft zulassen. Menschenrechtler warnen seit langem davor, dass damit die Pressefreiheit gefährdet und die Zensur eingeführt werde.

Druck beklagt seit Wochen zudem das kremlkritische Internetfernsehen Doschd, das sich kurz vor dem Aus sieht, weil mehrere russische Anbieter den Kanal vom Netz genommen haben. Auch die Internetagentur Lenta.ru sieht sich nach kritischen Berichten in der Ukraine-Krise Druck vom Kreml ausgesetzt. Erst mussten die Chefredakteurin und die Generaldirektorin des Portals gehen, dann kündigten aus Protest gegen die staatliche Einflussnahme 39 Mitarbeiter.

'Unabhängiger Journalismus bringt den Machthabern nichts - nötig ist aber die propagandistische Unterstützung', kommentiert die Zeitung 'Wedomosti' die Tendenz. Als eine der letzten Bastionen der Presse- und Meinungsfreiheit in Russland gilt weiter die kremlkritische Zeitung 'Nowaja Gaseta', für die einst die Putin-Gegnerin Anna Politkowskaja bis zur ihrer Ermordung 2006 gearbeitet hatte.

Zwar können Moskaus Behörden die Arbeit der Seiten nicht komplett lahmlegen, weil sie auf Servern außerhalb Russlands registriert sind. Aber im Land selbst sind Websperren auch ohne Gerichtsbeschluss leicht möglich. Zu umgehen sind sie nur mit einigem Aufwand. Die Telekom-Unternehmen des Landes haben eine weitreichende Infrastruktur installiert, um Seiten zu blockieren und Informationen zu überwachen.

Allerdings, so 'Wedomosti', zeigten die Angriffe auf die Pressefreiheit inmitten der Krim-Krise nun, dass die Machthaber nicht an einer offenen Diskussionskultur, an Konkurrenz und politischen Kompromissen interessiert seien. 'Raum gibt es nur für Repressionen', heißt es in dem Kommentar.b

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