SOFIA (dpa-AFX) - In Bulgarien muss eine Bank erstmals nach dem EU-Beitritt wegen undurchsichtiger Kreditvergabe schließen. In der viertgrößten Bank des Landes, der Korporativen Handelsbank (KTB), fehlten die Unterlagen für Kredite im Wert von 3,5 Milliarden Lewa (rund 1,8 Milliarden Euro), teilte der Gouverneur der bulgarischen Nationalbank (BNB), Iwan Iskrow, am Freitag in Sofia mit. Dies sei ein "bedeutender Teil des Kreditportfolios" der Bank von insgesamt 5,4 Milliarden Lewa (rund 2,8 Milliarden Euro). Die Lizenz der KTB solle nun entzogen werden.
Gegen das Geldinstitut wird nun ermittelt, da Verdacht des vorsätzlichen Missbrauchs bestehe. Innenminister Zwetlin Jowtschew sprach von einem "schweren kriminellen Verbrechen" bei der angeschlagenen Bank: "Geld, dass in dem Tresor sein sollte, ist nicht mehr da", sagte der Innenminister.
Die Nationalbank beruhigte die Kunden der Bank, die nicht in die internen Machenschaften verwickelt seien. Deren Einlagen sollen auf eine Tochtergesellschaft der KTB übertragen werden, um geschützt zu werden. Der Staat will die KTB-Tochter übernehmen und mit bis zu einer Milliarde Euro einspringen, wie Finanzminister Petar Tschobanow am Freitag vor dem parlamentarischen Etat- und Finanzausschuss sagte. Bulgarien ist EU-Mitglied seit 2007, gehört aber noch nicht zur Eurozone.
Die Polizei nahm unterdessen zwei Führungsmitglieder der KTB - einen Mann und eine Frau - fest, berichtete das staatliche Radio. Der Mann soll das Abheben großer Geldsummen angeordnet haben. Bei der Frau seien Säcke voller Banknoten in harten Währungen sichergestellt worden. Vor der Nationalbank protestierten am Abend wütende Demonstranten gegen die Korruption in dem Balkanland.
Die Nationalbank hatte die KTB am 20. Juni unter Aufsicht gestellt, um deren Geschäfte prüfen zu lassen. Zur Krise bei der KTB war es nach Medienspekulationen über ihren Zustand sowie komplizierten innenpolitischen Machtkämpfen gekommen. Beunruhigte Kunden hatten im Juni die Filialen der Bank gestürmt, um ihr Geld abzuheben. Erst Ende Juni war es nach falschen Nachrichten zur Panik unter den Kunden der drittgrößten Bank des Landes, Fibank, gekommen. Nach einer großen Bankenpleite 1996-1997 reagieren die Bulgaren auf Bankkrisen äußerst empfindlich.sl