LÜBECK (dpa-AFX) - Nach dem Beinahe-Aus des Lübecker Flughafens peilt der neue Airportchef langfristig eine Million Passagiere im Jahr an. Einen konkreten Zeitplan nannte Markus Matthießen dafür am Freitag jedoch nicht. Zunächst müssten Verhandlungen mit Fluggesellschaften geführt werden, damit der Flugbetrieb weitergehe. Die neue Eigentümerin des Lübecker Flughafens, die chinesische PuRen-Gruppe, setze unter anderem auf Medizin-Tourismus und die Ausbildung von Piloten. Die Bürgerschaft der Hansestadt hatte am Donnerstag der Übernahme des insolventen Regionalflughafens durch die PuRen Germany GmbH zugestimmt.
Der alleinige Gesellschafter der in Hongkong registrierten PuRen-Group, Chen Yongqiang, will kommende Woche nach Lübeck kommen, um notwendige Unterschriften zu leisten. Auf den Lübecker Flughafen war Chen durch einen Hinweis der Wirtschaftsförderung der Stadt Lauenburg aufmerksam geworden. "Er kennt aber die Zahlen der vergangenen Jahre und weiß, worauf er sich einlässt", sagte Matthießen. Für ihn sei das eine strategische Investition. "Er will für sein Unternehmen neue Geschäftsfelder erschließen", sagte Insolvenzverwalter Klaus Pannen.
Bislang betreibt die PuRen-Gruppe nach seinen Angaben in China mehrere Krankenhäuser und plant den Neubau eines Flughafens. PuRen hatte den insolventen Flughafen zu einem nicht genannten Preis gekauft. Für die Pacht des Geländes und die Miete der Landebahnbefeuerung und des Instrumentenlandesystems, die nach wie vor der Stadt Lübeck gehören, zahlt PuRen der Stadt jährlich rund 400 000 Euro. Der vorherige Eigentümer Mohamad Rady Amar war im April untergetaucht.
Für den Lübecker Flughafen gebe es viele Ideen, aber keinen Hochglanzprospekt mit fertig ausgearbeiteten Plänen, bekannte Matthießen, der erst vor wenigen Wochen zum Geschäftsführer der PuRen Germany ernannt worden ist. "Wir haben uns bislang darauf konzentriert, die Verträge ordentlich zu schließen und für den Übergang der Betriebsgenehmigung zu sorgen." Für den Rest des laufenden Jahres gehe es vor allem darum, den Betrieb zu stabilisieren, vorsichtig zu erweitern und das Planfeststellungsverfahren zum Abschluss zu bringen. "Gerade nach den Erfahrungen in der Vergangenheit wollen wir keine zu hohen Erwartungen wecken", sagte der 41-Jährige.
Mittelfristig setzen die neuen Eigentümer auf Medizintouristen aus dem Ausland, die sich wegen des guten Rufs deutscher Kliniken und deutscher Medizintechnik hier behandeln lassen wollen. Die Idee: Eine innerdeutsche Verbindung zu einem deutsch-chinesische Luftdrehkreuz wie zum Beispiel München, mit der Patienten nach Lübeck kommen könnten. "Wenn in jeder Maschine vier, fünf oder sechs zusätzliche Passagiere sitzen, kann das darüber entscheiden, ob eine Strecke wirtschaftlich ist oder nicht", sagte Matthießen. Weiteres Potenzial sieht Chen in der Ausbildung von Sportpiloten, für die es in China bislang keine Schulungskapazitäten gebe.en