DRESDEN (dpa-AFX) - Wirtschaftsexperten betrachten die gegen Russland verhängten Sanktionen mit Sorge. "Meist führen solche Sanktionen nicht zum gewünschten Ergebnis", sagte Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der Dresdner Niederlassung des Ifo-Instituts, der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch. Beide Handelspartner würden höchstwahrscheinlich wirtschaftlichen Schaden nehmen. Die ostdeutschen Länder seien von der Krise vor allem betroffen, da zahlreiche Unternehmen rationell stärkere Beziehungen nach Osteuropa und speziell nach Russland unterhielten. "Auch nach der Wende haben viele Firmen vor allem auf den russischen Markt gesetzt."
Bereits heute seien die Geschäftsbeziehungen zu Russland teilweise getrübt. "Und da spielen Sanktionen noch gar keine Rolle", sagte Ragnitz. Sächsische Unternehmen hätten berichtet, dass es schwierig sei, überhaupt noch einen Termin zu bekommen. Russische Unternehmen seien angesichts des politisches Drucks vorsichtig geworden, hieß es.
Russland ist für Sachsen ein wichtiger Handelspartner. Laut Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft (VSW) rangiert das Land auf Platz sechs der wichtigsten Absatzmärkte. 2013 wurden sächsische Waren im Wert von mehr als 1,3 Milliarden Euro nach Russland exportiert. Den größten Anteil hat mit 589 Millionen Euro der Fahrzeugbau, gefolgt vom Maschinenbau (327 Millionen Euro). Insgesamt sind die Ausfuhren nach Russland zwischen 2008 und 2013 um 51 Prozent gestiegen.
"Die Zuwachsraten sind enorm, Russland hat sich zu einem wichtigen Markt gemausert", sagte Lars Fiehler von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden. Deshalb seien auch Lebensmittelhersteller, Textil- und Chemiebranche betroffen. "Vor allem im Mittelstand herrscht jetzt eine lähmende Unsicherheit", erklärte Fiehler. Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück. Allein im Kammerbezirk Dresden exportieren mehr als 300 Firmen nach Russland, 35 unterhalten Niederlassungen, 84 Betriebe importieren Waren aus Russland.
Noch ist laut Wirtschaftsministerium offen, wie sich die Sanktionen auf sächsische Unternehmen auswirken. "Das hängt von der Umsetzung der EU-Verordnung ab", hieß es. Sollten sächsische Firmen durch die Sanktionen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, stünden aber sogenannte Kriseninstrumente bereit. So könnten sich betroffene Unternehmen von der Sächsischen Aufbaubank beraten lassen oder auch kurzfristig Darlehen in Anspruch nehmen.
Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) mahnte, den Gesprächsfaden auf beiden Seiten nicht abreißen zu lassen. Sachsen sei seit Jahren ein wichtiger Wirtschaftspartner Russlands. Nach Angaben des Ministeriums sind sächsische Unternehmen vor allem in der Region Moskau und St. Petersburg, aber auch in der Wolgaregion aktiv.
EU und die USA hatten am Dienstag weitere Sanktionen gegen Russland verhängt. Im Mittelpunkt der EU-Sanktionen stehen Beschränkungen im Finanzbereich.kr