Börsen-Zeitung: Die Wege trennen sich, Kommentar zu den
Quartalsberichten von Deutscher Bank und UBS, von Bernd Wittkowski.
Frankfurt (ots) - Es ist noch nicht so furchtbar lange her, da
zählte die Deutsche Bank neben den üblichen Verdächtigen aus den USA
nicht zuletzt die UBS zur Peergroup jener Institute, mit und an denen
sie sich im Wettbewerb messen (lassen) wollte. In der Tat wiesen
beide in ihrer bisherigen Aufstellung eine Reihe von Gemeinsamkeiten
auf. Wie die Deutsche trat die UBS als Universalbank mit globalen
Ambitionen und umfassender Angebotspalette an und wollte in der
weltweiten Champions League mitspielen. Fortan gehen sie getrennte
Wege. Während die Deutsche insoweit grundsätzlich auf Kurs bleibt,
schrumpft die UBS, die vor allem als Anleihehaus nicht wirklich
reüssieren konnte, auf der Kapitalmarktseite unter dem Druck
schmerzhafter Krisenerfahrungen zu einem Investmentbänkli mit
limitiertem Produktportfolio.
Die beiden Häuser boten, als sie am selben Tag über ihr drittes
Quartal berichteten, ein bemerkenswertes Kontrastprogramm. Das gilt
für die Erfolgs- oder Misserfolgsrechnungen - dazu später -, mehr
noch aber für die strategische Neuausrichtung, die diesmal vor allem
bei den Eidgenossen auf der Agenda stand; die Deutsche Bank hatte
diesbezüglich schon im September, 100 Tage nach dem Stabwechsel von
Josef Ackermann zu Jürgen Fitschen und Anshu Jain, vorgelegt. Selten
ist so augenfällig belegt worden, dass an der vermeintlichen Phrase,
in einer Krise lägen immer auch Chancen, wirklich etwas dran ist. Mal
ganz davon abgesehen, dass seit 2007 die eine oder andere einst feine
Adresse völlig von der Bildfläche verschwunden ist, haben mehr als
fünf Jahre Finanz- und Staatsschuldenkrise die Hackordnung im
globalen Banking auch unter den Überlebenden dramatisch verändert.
Namentlich Ackermann sagte gebetsmühlenartig immer wieder voraus, und
seine Nachfolger haben es bestätigt, dass der hiesige Branchenprimus,
der ohne direkte Staatshilfe durch die Krise gekommen ist, das
Potenzial und den Ehrgeiz habe, vom Ausscheiden geschwächter
Wettbewerber zu profitieren. Am Dienstag hat man es, jedenfalls aus
einem bestimmten Blickwinkel, exemplarisch nachvollziehen können.
Über 'Krisengewinner' und 'Krisenverlierer', über 'richtige' und
'falsche' Strategien sollte man allerdings nicht vorschnell ultimativ
urteilen. Die Börse hat ja zumindest fürs Erste beide Banken mit
kräftigen Kursavancen gefeiert. In der Tat kann, gerade mit Blick auf
die nachhaltigen Profitabilitätserwartungen, das angesichts eines
Personalabbaus von weiteren 10000 der noch 64000 Stellen bis 2015
aggressiv anmutende Zurückschneiden des Investment Banking für die
UBS und ihre Aktionäre so sinnvoll sein, wie es der offensive
Anspruch, 'die weltweit führende, kundenorientierte Universalbank zu
werden', für die Deutsche Bank und ihre Anteilseigner sein mag. Als
Asset Manager mit einem verwalteten Vermögen von umgerechnet 1,8
Bill. Euro jedenfalls ist die UBS nicht nur etwa doppelt so groß wie
die Deutsche, sondern - sicher auch ein Resultat des langen
strategischen Gezackers um diese Sparte in Frankfurt - auch deutlich
profilierter. Und in diesem Geschäft nicht zuletzt wesentlich
ertragsstärker sowie als Gesamtbank künftig vermutlich auch
ertragsstabiler. Da sieht die Hackordnung also schon ganz anders aus.
In den Zahlenwerken für das dritte Quartal steht einem
Vorsteuergewinn der Deutschen Bank von 1,1 Mrd. Euro ein Verlust der
UBS von umgerechnet 2,1 Mrd. Euro gegenüber - Folge von
Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Rückbau der Bank. Wer zum
einen aus dieser Momentaufnahme und zum anderen aus der angekündigten
radikalen Redimensionierung der vormaligen 'Union de Banques Suisses'
auf eine nun festgefügte deutsch-schweizerische
Zweiklassengesellschaft schließen sollte, könnte sich aber täuschen.
Mitten in einem tiefgreifenden Restrukturierungsprozess -
zumindest diese Gemeinsamkeit bleibt ihnen - stecken ja beide. Und
zunächst einmal fallen, bis die Einsparziele von jeweils 4,5 Mrd.
Euro pro Jahr realisiert sein werden, enorme Umsetzungskosten an, die
bis 2015 mit 4 Mrd. Euro (Deutsche) respektive umgerechnet 2,7 Mrd.
Euro (UBS) veranschlagt werden. Sparen kostet einen Haufen Geld! Was
aber die angestrebte Aufwandsreduzierung selbst betrifft, hat man bei
der Deutschen weit mehr als bei der UBS den Eindruck, dass die ganze
Wahrheit noch nicht raus ist. Mit dem bisher kommunizierten Abbau von
rund 2000 der gut 100000 Stellen wird es wohl nicht getan sein.
Neuigkeiten dazu blieb die Deutsche am Dienstag abermals schuldig.
Überhaupt ist beim 'Krisengewinner' Deutsche Bank, sosehr die
Quartalsergebnisse unterm Strich sowohl im Investment Banking als
auch im Privatkundengeschäft positiv überraschten, keineswegs alles
Gold, was glänzt. Ein Kostensprung um 18% binnen Jahresfrist
beispielsweise erscheint gewöhnungsbedürftig. Hier kostet nicht das
Sparen Geld, sondern - in Form höherer erfolgsabhängiger Vergütungen
- das bessere operative Ergebnis. Daneben hinterlässt zum einen die
jüngste Runde der Restrukturierung - nicht nur bei der Deutschen Bank
eigentlich ja seit Jahren ein Dauerzustand - erste Spuren. Zum
anderen schlagen sich zunehmende Aufwendungen für unzählige
Rechtsstreitigkeiten nieder, die eine weltweit antretende
Universalbank heutzutage wohl als Bestandteil ihres Geschäftsmodells
in Kauf nehmen muss. In diesem Punkt hat die demnächst deutlich
weniger universal ausgerichtete UBS in Zukunft auf jeden Fall einen
Wettbewerbsvorsprung vor der Deutschen Bank, mag sie auch nicht mehr
zu deren Peergroup gehören.
(Börsen-Zeitung, 31.10.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Quartalsberichten von Deutscher Bank und UBS, von Bernd Wittkowski.
Frankfurt (ots) - Es ist noch nicht so furchtbar lange her, da
zählte die Deutsche Bank neben den üblichen Verdächtigen aus den USA
nicht zuletzt die UBS zur Peergroup jener Institute, mit und an denen
sie sich im Wettbewerb messen (lassen) wollte. In der Tat wiesen
beide in ihrer bisherigen Aufstellung eine Reihe von Gemeinsamkeiten
auf. Wie die Deutsche trat die UBS als Universalbank mit globalen
Ambitionen und umfassender Angebotspalette an und wollte in der
weltweiten Champions League mitspielen. Fortan gehen sie getrennte
Wege. Während die Deutsche insoweit grundsätzlich auf Kurs bleibt,
schrumpft die UBS, die vor allem als Anleihehaus nicht wirklich
reüssieren konnte, auf der Kapitalmarktseite unter dem Druck
schmerzhafter Krisenerfahrungen zu einem Investmentbänkli mit
limitiertem Produktportfolio.
Die beiden Häuser boten, als sie am selben Tag über ihr drittes
Quartal berichteten, ein bemerkenswertes Kontrastprogramm. Das gilt
für die Erfolgs- oder Misserfolgsrechnungen - dazu später -, mehr
noch aber für die strategische Neuausrichtung, die diesmal vor allem
bei den Eidgenossen auf der Agenda stand; die Deutsche Bank hatte
diesbezüglich schon im September, 100 Tage nach dem Stabwechsel von
Josef Ackermann zu Jürgen Fitschen und Anshu Jain, vorgelegt. Selten
ist so augenfällig belegt worden, dass an der vermeintlichen Phrase,
in einer Krise lägen immer auch Chancen, wirklich etwas dran ist. Mal
ganz davon abgesehen, dass seit 2007 die eine oder andere einst feine
Adresse völlig von der Bildfläche verschwunden ist, haben mehr als
fünf Jahre Finanz- und Staatsschuldenkrise die Hackordnung im
globalen Banking auch unter den Überlebenden dramatisch verändert.
Namentlich Ackermann sagte gebetsmühlenartig immer wieder voraus, und
seine Nachfolger haben es bestätigt, dass der hiesige Branchenprimus,
der ohne direkte Staatshilfe durch die Krise gekommen ist, das
Potenzial und den Ehrgeiz habe, vom Ausscheiden geschwächter
Wettbewerber zu profitieren. Am Dienstag hat man es, jedenfalls aus
einem bestimmten Blickwinkel, exemplarisch nachvollziehen können.
Über 'Krisengewinner' und 'Krisenverlierer', über 'richtige' und
'falsche' Strategien sollte man allerdings nicht vorschnell ultimativ
urteilen. Die Börse hat ja zumindest fürs Erste beide Banken mit
kräftigen Kursavancen gefeiert. In der Tat kann, gerade mit Blick auf
die nachhaltigen Profitabilitätserwartungen, das angesichts eines
Personalabbaus von weiteren 10000 der noch 64000 Stellen bis 2015
aggressiv anmutende Zurückschneiden des Investment Banking für die
UBS und ihre Aktionäre so sinnvoll sein, wie es der offensive
Anspruch, 'die weltweit führende, kundenorientierte Universalbank zu
werden', für die Deutsche Bank und ihre Anteilseigner sein mag. Als
Asset Manager mit einem verwalteten Vermögen von umgerechnet 1,8
Bill. Euro jedenfalls ist die UBS nicht nur etwa doppelt so groß wie
die Deutsche, sondern - sicher auch ein Resultat des langen
strategischen Gezackers um diese Sparte in Frankfurt - auch deutlich
profilierter. Und in diesem Geschäft nicht zuletzt wesentlich
ertragsstärker sowie als Gesamtbank künftig vermutlich auch
ertragsstabiler. Da sieht die Hackordnung also schon ganz anders aus.
In den Zahlenwerken für das dritte Quartal steht einem
Vorsteuergewinn der Deutschen Bank von 1,1 Mrd. Euro ein Verlust der
UBS von umgerechnet 2,1 Mrd. Euro gegenüber - Folge von
Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Rückbau der Bank. Wer zum
einen aus dieser Momentaufnahme und zum anderen aus der angekündigten
radikalen Redimensionierung der vormaligen 'Union de Banques Suisses'
auf eine nun festgefügte deutsch-schweizerische
Zweiklassengesellschaft schließen sollte, könnte sich aber täuschen.
Mitten in einem tiefgreifenden Restrukturierungsprozess -
zumindest diese Gemeinsamkeit bleibt ihnen - stecken ja beide. Und
zunächst einmal fallen, bis die Einsparziele von jeweils 4,5 Mrd.
Euro pro Jahr realisiert sein werden, enorme Umsetzungskosten an, die
bis 2015 mit 4 Mrd. Euro (Deutsche) respektive umgerechnet 2,7 Mrd.
Euro (UBS) veranschlagt werden. Sparen kostet einen Haufen Geld! Was
aber die angestrebte Aufwandsreduzierung selbst betrifft, hat man bei
der Deutschen weit mehr als bei der UBS den Eindruck, dass die ganze
Wahrheit noch nicht raus ist. Mit dem bisher kommunizierten Abbau von
rund 2000 der gut 100000 Stellen wird es wohl nicht getan sein.
Neuigkeiten dazu blieb die Deutsche am Dienstag abermals schuldig.
Überhaupt ist beim 'Krisengewinner' Deutsche Bank, sosehr die
Quartalsergebnisse unterm Strich sowohl im Investment Banking als
auch im Privatkundengeschäft positiv überraschten, keineswegs alles
Gold, was glänzt. Ein Kostensprung um 18% binnen Jahresfrist
beispielsweise erscheint gewöhnungsbedürftig. Hier kostet nicht das
Sparen Geld, sondern - in Form höherer erfolgsabhängiger Vergütungen
- das bessere operative Ergebnis. Daneben hinterlässt zum einen die
jüngste Runde der Restrukturierung - nicht nur bei der Deutschen Bank
eigentlich ja seit Jahren ein Dauerzustand - erste Spuren. Zum
anderen schlagen sich zunehmende Aufwendungen für unzählige
Rechtsstreitigkeiten nieder, die eine weltweit antretende
Universalbank heutzutage wohl als Bestandteil ihres Geschäftsmodells
in Kauf nehmen muss. In diesem Punkt hat die demnächst deutlich
weniger universal ausgerichtete UBS in Zukunft auf jeden Fall einen
Wettbewerbsvorsprung vor der Deutschen Bank, mag sie auch nicht mehr
zu deren Peergroup gehören.
(Börsen-Zeitung, 31.10.2012)
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