Berlin (Reuters) - Die deutschen Exporteure stellen sich angesichts eines möglichen britischen Abschieds aus der EU und Krisenherde in der Welt auf weniger Wachstum als ursprünglich erwartet ein.
"Ein Brexit führt zu Unsicherheit und Vertrauensverlust über Jahre", sagte der Präsident des Handelsverbandes BGA, Anton Börner, am Montag in Berlin. Schon jetzt spüre man diese Unsicherheiten bei den Investitionen. Offiziell bleibt der Verband zwar vorerst bei seiner Schätzung, dass die deutschen Ausfuhren in diesem Jahr um 4,5 Prozent auf einen neuen Rekordwert ansteigen werden. Börner persönlich hat davon aber schon Abschied genommen. "Machen sie mal 4,1 Prozent minus X, dann sind sie auf der sicheren Seite", beschrieb er seinen eigenen Erwartungshorizont.
Für Börner lasten neben den Unwägbarkeiten bei der am Donnerstag anstehenden Brexit-Abstimmung noch andere Faktoren auf der Wirtschaft und bremsen sie. So ständen in Deutschland selbst und in Frankreich in naher Zukunft Wahlen an, ebenso wie in den USA, wo ein neuer Präsident bestimmt werden muss. Die USA, die Franzosen und Großbritannien sind aktuell die größten Auslandsmärkte für die deutschen Exporteure.
"WEITERE 'EXITS' KÖNNTEN FOLGEN"
All dies sorgt für massive Unsicherheit in der Wirtschaft und schlägt sich bereits in Form aufgeschobener Investitionen nieder. Ein Brexit würde das noch verstärken und zu erheblichen Wohlfahrtsverlusten im Vereinigten Königreich selbst, aber auch der EU und beim großen britischen Handelspartner Deutschlands führen. Diese Unsicherheit sei "Gift für die Wirtschaft" in allen beteiligten Ländern. "Das wäre eine Katastrophe für alle und vor allem auch uns in Deutschland", sagte Börner. Ein britisches Ausscheiden aus der EU könne zudem andere Euro-Länder mit großer Euroskepsis veranlassen, dem Beispiel zu folgen. "Aus meiner Sicht liefe das auf ein Ende der Europäischen Union hin, wie wir sie kennen", folgerte Börner. Er rechne damit, dass Großbritannien bei einem "Ja" zum Brexit eine Brücke gebaut werden, um den Übergang zum Ausscheiden aus der EU etwas abzudämpfen. Er erwarte in dem Fall eine "neuen Variante einer Sonderregelung" für Großbritannien. Das ändere aber nichts daran, dass sich die deutschen Außenhändler auf negative Folgen einstellen müssten. "Jede Einschränkung des Handels trifft daher auch Deutschland.", sagte Börner.