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Billionen im Depot – Fed und EZB ordnen die Bilanz neu

Veröffentlicht am 07.02.2019, 10:34
Aktualisiert 07.02.2019, 10:40
© Reuters. The euro sign is photographed in front of the former headquarters of the European Central Bank in Frankfurt
CRDI
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- von Reinhard Becker und Frank Siebelt

Berlin/Frankfurt (Reuters) - Gut zehn Jahre nach der Finanzkrise sind die billionenschweren Bilanzen der Notenbanken wieder ein brandheißes Thema.

Mit massiven Wertpapierkäufen haben die Fed und später auch die EZB jahrelang versucht, die Wirtschaft flottzumachen - mit Erfolg. Und so ist die Fed inzwischen auf die Bremse getreten und baut ihre durch die Käufe angeschwollene Bilanz langsam ab. Die EZB lässt den Fuß zwar noch auf dem Gaspedal, "tritt es aber nicht noch weiter durch", so Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Wegen des schwachen Wirtschaftwachstums in Europa könnte sie jedoch gezwungen sein, das Tempo wieder zu erhöhen. Auch in den USA nähert sich der Wirtschaftsboom seinem Ende, daher erwägt die Fed, den Bilanzabbau zu verlangsamen oder sogar eine Pause einzulegen.

Im Herbst 2017 hatte die US-Notenbank damit begonnen, die seit der Finanzkrise von 800 Milliarden Dollar auf zwischenzeitlich rund 4,5 Billionen Dollar aufgeblähte Bilanz einzudampfen. Seitdem werden fällige Papiere nicht mehr vollständig ersetzt. Doch dieser Plan der Bilanznormalisierung ist nach Ansicht von BayernLB-Experte Stefan Kipar nicht in Stein gemeißelt. "Sollte es die wirtschaftliche Lage oder die Lage an den Finanzmärkten notwendig machen, könnte er auch verändert oder die Bilanz sogar wieder ausgeweitet werden." Fed-Chef Jerome Powell selbst hat deutlich gemacht, dass die Währungshüter beim Steuern ihrer Bilanz auch auf das Marktumfeld reagieren werden. 2018 hatte er zunächst davon gesprochen, der Bilanzabbau sei "auf Autopilot" gestellt, und dann doch Flexibilität signalisiert.

4,1 BILLIONEN DOLLAR IM ARSENAL

Im Arsenal der Fed sind nun noch satte 4,1 Billionen Dollar. Laut Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner herrscht an den Märkten die verbreitete Ansicht, dass die "Liquiditätsflut" der Notenbanken die Preise von Vermögenswerten nach oben getrieben habe. "Bei einer Eindämmung der Flut bestünde daher die Gefahr heftiger Kursverluste. Ob diese Beobachtung stimmt oder nicht, spielt dabei zunächst einmal keine Rolle. Der Glaube daran schafft seine eigenen Fakten."

Fed-Beobachter Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe verweist darauf, dass in der US-Notenbank zuletzt verstärkt darüber diskutiert wurde, ob das Schrumpfungstempo von bis zu 50 Milliarden Dollar pro Monat verringert werden soll. "Grund dafür ist die Sorge, dass der mit der Bilanz-Reduzierung einhergehende Abbau von Überschussreserven, die Kreditinstitute bei der Fed unterhalten, zu einem Kontrollverlust über den effektiven Tagesgeldsatz führen kann." Wenn dieser über die angestrebte Leitzinsspanne steige, könne dies unerwünschte Verwerfungen am Geldmarkt auslösen. UniCredit (MI:CRDI) Ökonom Harm Bandholz rechnet damit, dass die Notenbank diese Überschussreserven um rund 500 Milliarden auf eine Billion Dollar abschmelzen möchte. "Dies würde nach dem aktuellen Ablaufplan bedeuten, dass das Ende der Bilanz-Normalisierung Ende 2019 oder Anfang 2020 kommen dürfte."

BILLANZABBAU FÜR EZB NOCH ZUKUNFTSMUSIK

In der Euro-Zone sind solche Gedankenspiele noch eher Zukunftsmusik. Dort diskutierten Notenbanker und Volkswirte zuletzt darüber, ob es Argumente für eine dauerhaft große EZB-Bilanz gibt. Diese ist im Zuge der Anleihenkäufe im Volumen von mehr als 2,6 Billionen Euro mittlerweile auf etwa 4,7 Billionen Euro angeschwollen - eine gewaltige Summe, die mehr als 40 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung (BIP) der Euro-Zone entspricht. Ein Jahr vor der Finanzkrise lag sie noch bei rund 1,5 Billionen Euro. Zwar wurden die Wertpapierkäufe Ende Dezember nach fast vier Jahren eingestellt. Die Euro-Wächter wollen aber auslaufende Papiere auch nach einer Zinswende noch für längere Zeit weiter ersetzen. Damit wächst die Bilanz zwar nicht mehr weiter - schrumpfen wird sie aber auch nicht.

© Reuters. The euro sign is photographed in front of the former headquarters of the European Central Bank in Frankfurt

Voriges Jahr hatte der damalige EZB-Vize Vitor Constancio sogar Argumente vorgestellt, warum eine dauerhaft große Bilanzsumme sinnvoll sein könnte. Eine seiner Überlegungen: Mit einer Bilanz, die durch hohe Anleihenbestände umfangreich geworden ist, würde die Notenbank sichere Vermögenswerte schaffen. Dies käme den Banken zugute. Und das würde letztendlich für mehr Finanzstabilität sorgen. Für Bundesbank-Präsident Weidmann sollte eine Notenbank-Bilanz aber nur so groß wie nötig sein, damit Geldpolitik die Feuerkraft besitzt, um Preisstabilität zu sichern. Die Finanzmärkte sollten nicht übermäßig beeinträchtigt werden.

Auch manche deutsche Ökonomen lehnen die Argumente zugunsten einer dauerhaft üppigen Bilanz ab. Aus Sicht von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ist es keine Notenbank-Aufgabe, mehr sichere und liquide Vermögenswerte zu schaffen. Es gebe schließlich ausreichend Staatsanleihen. Krämer vermutet, dass Zentralbanker aus dem Süden eher den eigenen Banken helfen wollen, die dort vielfach noch unter einem hohen Bestand an faulen Krediten ächzen. Denn sollte die EZB zu einer schlanken Bilanz zurückkehren, müssten sich die Institute dort wohl wieder verstärkt Gelder von anderen Banken leihen. "Um ausreichend kreditwürdig zu sein, wären sie gezwungen, ihre vielen faulen Kredite abzuschreiben." Insolvenzverfahren gegen überschuldete Unternehmen und Entlassungen wären womöglich die Folge.

Die EZB könnte allerdings gezwungen sein, neue Papier hinzuzukaufen, sollte sich die momentane Wachstumsflaute im Euro-Raum verschärfen. Die Anleihenkäufe könnten "revitalisiert" werden, wie Daniel Hartmann, Chefvolkswirt des Schweizer Bankhauses Bantleon, meint: "Die Hürden dafür sind indes äußerst hoch." Die EZB war mit ihren Billionen-Käufen nämlich bereits fast an selbst gesetzte Obergrenzen gestoßen.

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