Frankfurt (Reuters) - EZB-Präsident Mario Draghi will trotz anhaltender Kritik Mitglied in einem wichtigen Forum der Hochfinanz bleiben.
Die Zugehörigkeit des obersten Euro-Währungshüters zur sogenannten G30-Gruppe hatte Draghi in der Vergangenheit den Vorwurf einer zu großen Nähe zur Bankenzunft eingetragen. Dagegen erklärte die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwoch, die Mitgliedschaft sei vereinbar mit der Unabhängigkeit, Reputation und Integrität der Notenbank. Es gebe auch keine Interessenkonflikte. Die EU-Bürgerbeauftragte Emily O'Reilly hatte Draghi aufgefordert, seine G30-Mitgliedschaft ruhen zu lassen. Denn diese könne das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Notenbank untergraben. Es sei wichtig, dass es eine klare Trennlinie zwischen der EZB und der Finanzindustrie gebe.
Die privat finanzierte G30-Gruppe setzt sich aus führenden Vertretern der Geldwirtschaft, der Notenbanken, der Wissenschaft und der Politik zusammen. Sie beschäftigt sich mit Themen des internationalen Finanzsektors und politischen Entwicklungen. Bekannte Mitglieder sind unter anderem Credit Suisse-Chef Tidjane Thiam, UBS-Verwaltungsratschef und Ex-Bundesbankpräsident Axel Weber, der Vizepräsident des US-Vermögensverwalters Blackrock, Philipp Hildebrand, und der britische Notenbank-Chef Mark Carney.
Die EZB ist seit Herbst 2014 auch für die Kontrolle der großen Banken der Euro-Zone zuständig. Inzwischen überwacht sie direkt 118 Institute. Die Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory wirft der Euro-Notenbank zu große Nähe zur Finanzbranche vor. Dadurch begebe sich die EZB als oberste Bankenkontrolleurin der Euro-Zone in Interessenkonflikte.
Die EU-Bürgerbeauftragte O'Reilly äußerte sich enttäuscht über die Reaktion der Zentralbank. Diese habe eine Gelegenheit verpasst, für mehr Vertrauen zu sorgen. Sie habe erneut nicht begründet, warum Draghis G30-Mitgliedschaft wichtig sei und welchem öffentlichen Interesse dies diene. Corporate Europe Observatory erklärte, das Festhalten an der Mitgliedschaft zeige, wie leichtfertig die Notenbank mit Finanzlobbyisten umgehe.