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Ethik-Experte: Manche Osterhasen können für schlechtes Gewissen sorgen

Veröffentlicht am 07.04.2012, 10:05
Aktualisiert 07.04.2012, 10:08
FRANKFURT (dpa-AFX) - Kurz vor Ostern herrscht in den Geschäften Hasenalarm! Doch bei der schieren Masse der Schokoladen-Figuren stellt sich Verbrauchern nicht nur die Frage, ob die zuckersüßen Hasen gesund sind. Vielmehr sollten bei der Auswahl der Leckereien auch ethische Gesichtspunkte wie die Produktionsbedingungen eine Rolle spielen, meint Roman Limacher von Hauck & Aufhäuser Schweiz. Der Experte ist bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft für Ethik-Investments zuständig.

Frage: Wie beurteilen Sie generell Investitionen in Nahrungsmittelkonzerne aus ethischer Sicht?

Limacher: Nahrungsmittelkonzerne stellen mehrheitlich Produkte für die Alltagsbedürfnisse der Menschen her. Das ist aus ethischer Sicht ohne Zweifel sinnvoll. Da diese Firmen Produkte anbieten, die für viele Menschen existenziell sind, halten wir ein hohes Verantwortungsbewusstsein für eminent wichtig. Als ethisch vorausschauend kann man Nahrungsmittelunternehmen dann bezeichnen, wenn sie zum Beispiel gesundheitliche Aspekte berücksichtigen und einen zu hohen Gehalt an Zucker, Transfett-Säuren, zu viel Salz und künstliche Zusatzstoffe in ihren Produkten reduzieren oder vermeiden. Aber auch soziale Gesichtspunkte wie die Ausübung von Marktmacht im Rohstoffhandel oder ökologische Erwägungen spielen eine Rolle.

Positiv bewertet unser Ethik-Beirat die Unternehmen, die sich auf natürliche oder biologische Nahrungsmittel spezialisieren. Diese lassen sich in der Regel mit höheren Margen verkaufen, was die entsprechenden Aktien auch für Investoren interessant macht.

Frage: Ostern steht unmittelbar vor der Tür. Deshalb ist für Anleger und Konsumenten von besonderem Interesse, ob speziell das Kakao- und Schokoladengeschäft der großen Nahrungsmittelkonzerne ethischen Standards genügt. Was ist Ihre Meinung dazu? Können alle handelsüblichen Osterhasen ohne Gewissensbisse gegessen werden?

Limacher: Aus ethischer Sicht scheint das Kakao- und Schokoladengeschäft der großen Nahrungsmittelkonzerne aufgrund intransparenter Beschaffungsketten eher problematisch. Dies gilt besonders in Bezug auf Menschenrechte, Marktungleichgewichte, die Lebensumstände der Kleinbauern und deren Abhängigkeit von starken Preisschwankungen. Auch bei ökologischen Kriterien ergeben sich Probleme. Denken Sie an die Abholzung der Regenwälder oder die Einschränkung der biologischen Vielfalt bei Pflanzen.

Da die lokalen Gesetzgebungen oft nicht ausreichen, um die Bevölkerung vor schlechten Arbeitsbedingungen zu schützen, kommt einem sensibilisierten Einkaufsverhalten der Nahrungsmittelhersteller große Bedeutung zu. Beispielsweise stammt der größte Teil der weltweit produzierten Kakaobohnen aus Westafrika, namentlich Elfenbeinküste und Ghana. Da tragen auch die großen Abnehmer ein erhebliches Maß an Verantwortung.

Die größten Abnehmer haben sich in den vergangen Jahren jedoch vermehrt dazu verpflichtet, Kakao aus nachhaltiger Produktion zu beziehen. Der Schweizer Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli beispielsweise lancierte 2008 ein Programm, welches die Rückverfolgbarkeit der Kakao-Bohnen aus Ghana gewährleistet und entsprechende Projekte für die Lokalbevölkerung mitfinanziert. Mars, einer der fünf führenden Schokoladenproduzenten weltweit, hat sich sogar zum Ziel gesetzt, bis 2020 seinen gesamten Bedarf an Kakao bei unabhängig zertifizierten Kakaobauern einzukaufen.

In den vergangenen Jahren sind - auch wegen negativer Berichte in der Presse - viele Nahrungsmittelhersteller dazu übergegangen, entweder die Nachhaltigkeits-Bemühungen unabhängig zertifizieren zu lassen oder selbst die eigene Lieferkette transparenter und fairer gegenüber den Kleinbauern und Kooperativen zu gestalten. Dies scheint ein erster Schritt hin zu angemessenen sozialen Bedingungen und Umweltschutz zu sein.

Frage: Als Alternative zu den Schokoladenprodukten der großen Anbieter bietet sich die so genannte fair gehandelte Schokolade an. Was zeichnet diese Produkte aus ethischer Sicht gegenüber den Produkten der großen Nahrungsmittelkonzerne aus? Inwiefern sind sie eventuell tatsächlich eine Alternative für die Konsumenten?

Limacher: Aus ethischer Sicht zeichnen sich diese Produkte gegenüber denen der großen Nahrungsmittelkonzerne dadurch aus, dass sie unter besseren Bedingungen hergestellt werden. Kakao wird an der Börse gehandelt. Daher sind die Kleinproduzenten dem ständigen Auf und Ab stark ausgeliefert. In Zeiten niedriger Preise erwirtschaften sie nicht einmal mehr ihre Produktionskosten.

Die Handels-Organisation GEPA zahlt ihren Partnern dagegen einen fairen Mindestpreis, um die Bauern nach unten hin abzusichern. Hinzu kommen Entwicklungs-, Bio- und Qualitätszuschläge. Liegt der Weltmarktpreis über dem Mindestpreis, zahlt die GEPA den Weltmarktpreis plus Zuschläge. Durch bessere Handlungsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für Produzenten und Arbeitskräfte - insbesondere in den Ländern des Südens - leistet der faire Handel so einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung.

Die Marktsituation ist aber nach wie vor geprägt von den Interessen der großen Nahrungsmittelkonzerne. Diese konzentrieren sich auf einen möglichst günstigen Einkauf der Kakaobohnen und auf die Ausnutzung von Größenvorteilen. Der Anteil des fair gehandelten Kakaos an der weltweiten Produktion betrug 2011 erst knapp drei Prozent.

Zwar beobachten wir, dass sich die Situation bezüglich der Nachhaltigkeit der Kakaoproduktion langsam, aber stetig verbessert. Dennoch können heute nicht alle handelsüblichen Osterhasen ohne Gewissensbisse gekauft werden, da die großen Nahrungsmittelkonzernen nach wie vor viel Schokolade verwenden, die teilweise unter problematischen Umständen produziert wird. Verbraucher, die keine Gewissensbisse haben möchten, sollten auf speziell zertifizierte Produkte zurückgreifen. Diese sind jedoch nicht überall verfügbar./la/gl/fn

--- Gespräch: Lutz Alexander, dpa-AFX ---

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