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EuGH weist neues Gentechnik-Verfahren in Schranken

Veröffentlicht am 25.07.2018, 16:02
© Reuters. FILE PHOTO: The main courtroom of the European Court of Justice is pictured in Luxembourg
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- von Peter Maushagen

Brüssel (Reuters) - Das oberste europäische Gericht setzt einer umstrittenen Technologie zur Veränderung des Erbguts von Pflanzen enge Grenzen.

Mit dem neuen Verfahren manipulierte Pflanzensorten gelten rechtlich als gentechnisch verändert, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Mittwoch in einem Grundsatzverfahren. In der Folge müssten die auf dem Wege gewonnenen Pflanzen auch als "gentechnisch veränderte Organismen" (GVO) gekennzeichnet werden. Die EU macht in dem Bereich strenge Auflagen. Konkret dreht sich der Fall um die sogenannte Genscheren- oder Mutagenese-Technologie, mit der das Erbgut von Pflanzen schneller und gezielter verändert werden kann als bisher. Das Bundesumweltministerium begrüßte das Urteil, während das Landwirtschaftsministerium für Offenheit gegenüber Innovationen in der Agrarforschung warb. Die Industrie sprach von einer "rückwärtsgewandten" Entscheidung.

In den EU-Gentechnik-Vorschriften von Anfang des Jahrtausends wird das neue Verfahren nicht aufgeführt. Ein französisches Gericht hatte die Luxemburger Richter deshalb um Auslegung gebeten, ob die EU-Gentechnik-Ordnung auch hier greift. Kritiker fürchten, dass die Genscheren-Technologie nicht sicher ist und sich verändertes Erbgut in der Natur unkontrolliert verbreiten könnte. Angewandt wird die neue Methode in Europa bislang aber kaum. In den USA entzog die Firma Calyxt (O:CLXT) damit Soja bestimmte Fette. Die neuen Bohnen werden dort bereits angebaut.

Insgesamt sind in deutschen und europäischen Supermarktregalen kaum genverändertes Obst und Gemüse zu finden. Wegen der vorgeschriebenen Kennzeichnung gehen Handelsketten davon aus, dass Kunden einen großen Bogen darum machen würden. Auch auf europäischen Feldern ist Gengetreide wegen der strengen Auflagen eine Rarität. Angebaut wird lediglich eine Maissorte. Die Einfuhr von Gensorten in die EU ist erlaubt, aber nur zur Verwendung als Tierfutter.

Erleichtert reagierten die Öko- und Kleinbauern auf den Urteilsspruch. Man habe sich durch den Verzicht auf Gentechnik bei den Verbrauchern viel Vertrauen und einen großen Wettbewerbsvorteil verschafft, sagte Verbandschef Martin Schulz. Dies wolle man durch neue Verfahren nicht aufs Spiel setzen.

GENTECHNIK ODER NICHT

Üblicherweise ist die Einstufung einfach: So bald fremdes Erbgut in den Bauplan einer Pflanze eingefügt wird, zählt diese eindeutig als gentechnisch verändert. Anders ist es aber bei der Mutagenese, da nur bestehende Teile des Codes manipuliert werden. Das Verfahren wird in einer einfacheren Variante seit Jahrzehnten angewandt, etwa indem Erbgut durch Bestrahlung oder Chemikalien verändert wird. Die Methode ist aber sehr ungenau. Mit dem Technologiesprung geht es wesentlich schneller.

Der neue Ansatz ist nach Aussage der Richter aber nicht absolut verlässlich. Das Mutagenese-Verfahren könnte sich als ähnlich riskant erweisen wie das Beifügen von fremdem Erbgut, heißt es in der Urteilsbegründung. Folglich gelte die GVO-Richtlinie auch für die mit Mutagenese-Verfahren gewonnenen Organismen, die nach dem Erlass der Richtlinie entstanden seien.

© Reuters. FILE PHOTO: The main courtroom of the European Court of Justice is pictured in Luxembourg

CHEMIEVERBAND WARNT VOR SCHADEN FÜR EU

Die zuständigen Ministerien der Bundesregierung setzten unterschiedliche Akzente bei der Bewertung des Urteils. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) habe stets gesagt dass der Schutz von Umwelt und Gesundheit oberste Priorität haben müsse, sagte eine Ministeriumssprecherin. "Es darf keine Gentechnik durch die Hintertür geben." Dagegen erklärte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), dass der Blick für Innovationen offenbleiben müsse. Es gehe um weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bei gleichem Ernteertrag. Dazu seien schädlings- oder dürreresistente Sorten nötig. Diese Diskussion müsse in der EU vorangetrieben werden.

Noch deutlicher wurde der Lobbyverband der chemischen Industrie VCI: "Es schadet der Innovationsfähigkeit des Biotech-Standorts EU erheblich und koppelt ihn von der Entwicklung im Rest der Welt ab." Die Entscheidung blockiere nicht nur raschere Erfolge in der Landwirtschaft, sie behindere auch die Produktion von Biopharmazeutika und die Herstellung biobasierter Chemikalien. Zum Verband gehören deutsche Branchenschwergewichte wie Bayer (DE:BAYGn), BASF (DE:BASFn) und Merck (DE:MRCG).

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