Brüssel/Berlin (Reuters) - Die konjunkturelle Erholung im nächsten Jahr wird nach Einschätzung der EU-Kommission etwas schwächer ausfallen als gedacht.
Zu den Risikofaktoren gehörten der von den USA angezettelte Handelsstreit, der drohende Brexit sowie Spannungen im Nahen Osten mit potenziell erheblichen Ölpreissteigerungen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici am Mittwoch in Brüssel. Trotzdem dürften alle 28 EU-Volkswirtschaften 2019 und 2020 zulegen. "Der robuste Arbeitsmarkt stützt dabei die Nachfrage." Für die Euro-Zone rechnet die Brüsseler Behörde mit einem Wachstum von 1,2 Prozent in diesem Jahr und 1,4 Prozent im nächsten Jahr. Die Schätzung für 2020 wurde um ein Tick gesenkt. Die Schwergewichte Deutschland und Frankreich dürften im Schnitt liegen, Italien weiterhin schwächer abschneiden.
Für Deutschland prognostiziert die EU-Kommission einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,5 Prozent. 2020 dürften es dann 1,4 Prozent werden - ein Tick weniger als in der Mai-Prognose noch erwartet. Deutschland sei wegen seiner starken Exportindustrie besonders anfällig für eine Verschärfung des Handelsstreits, sagte Moscovici. Dafür gebe es nächstes Jahr aber mehr Arbeitstage. Kurzfristig sei nach dem überraschend starken ersten Quartal 2019 im zweiten Vierteljahr eine Schrumpfung wahrscheinlich.
Während die Wachstumsraten vor allem in Mittel- und Osteuropa hoch sein dürften, bleibt Italien ein Sorgenkind. Die dortige Wirtschaft sei gerade erst aus der Rezession gekommen, werde im zweiten Quartal vermutlich stagnieren und bis zum Jahresende nicht nennenswert zulegen, sagte Moscovici. Das Land brauche dringend Reformen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Kommission liegt wegen der Haushaltspläne der populistischen Regierung in Rom mit dieser im Clinch. Auch an den Finanzmärkten haben sich wegen der extrem hohen Verschuldung Italiens Sorgen breitgemacht. Die EU-Kommission erwartet für 2019 ein Wachstum von lediglich 0,1 Prozent - deutlich weniger als die Regierung in Rom zunächst prognostiziert hatte. 2020 dürfte es für 0,7 Prozent reichen.
Auch Griechenland müsse seine zugesagten Reformen umsetzen, um für Wachstum zu sorgen, forderte Moscovici. Zuletzt habe es sich aber abgeschwächt, was zeige, wie anfällig das Land noch immer sei. Der neue konservative Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat den Griechen Steuersenkungen, Arbeitsplätze und höhere Renten versprochen.
Die französische Wirtschaft wird laut EU-Schätzung dieses Jahr um 1,3 Prozent und nächstes Jahr um 1,4 Prozent zulegen. Es habe wichtige Steuerimpulse gegeben, die den Konsum der Verbraucher ankurbeln sollten, sagte Moscovici.