- von Peter Maushagen
Brüssel (Reuters) - Die EU-Kommission will mit neuen Gesetzesvorschlägen Steuerschlupflöcher für Internet-Riesen wie Facebook (NASDAQ:FB) und Google (NASDAQ:GOOGL) schließen.
Diese Konzerne entwickelten sich schwindelerregend schnell, doch gehe der Boom am Fiskus vorbei, sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici am Mittwoch in Brüssel. "Digitalfirmen machen mit einem Klick große Gewinne, ohne dass sie physisch präsent sind in einem Land." Dieses juristische Vakuum wolle man nun durch Übergangsregeln mit Steuern auf die Umsätze aufheben und gleichzeitig eine langfristige Lösung vorantreiben. Das Finanzministerium in Berlin begrüßt den Vorstoß.
Knackpunkt ist, dass Internet-Konzerne ihre Geschäfte von einem zentralen Ort - meist von der US-Westküste - für die gesamte Welt betreiben. Das derzeitige Steuerrecht sei aber hundert Jahre alt und darauf ausgelegt, die Firmen nach Sitz oder Produktionsstätten im jeweiligen Land zu besteuern, sagte Moscovici. Bei weltweiten Online-Firmen gebe es aber oft keinen festen Ableger in den EU-Ländern, weshalb sie kaum besteuert werden könnten. Dadurch entgingen den Staaten erhebliche Einnahmen. "Die digitale Revolution hat unsere Wirtschaft auf den Kopf gestellt." Die Steuerquote für Internet-Unternehmen sei mit zehn Prozent im Schnitt halb so hoch wie die herkömmlicher Firmen.
SPD - GLEICHE STEUERN FÜR GOOGLE UND TANTE EMMA
Deswegen bringt die Kommission zwei Gesetzesvorschläge auf den Weg. Der erste zielt auf die Schaffung von EU-weiten Regeln ab, die es den Mitgliedsstaaten erlauben sollen, bei Firmen ohne Sitz in den Ländern Steuern einzutreiben. Da der Weg bis zu einer grundlegenden Neuregelungen der Abgaben für Internet-Konzerne weit ist, schlägt die Brüssler Behörde zudem eine sogenannte Ausgleichssteuer vor. Demnach sollen die Online-Firmen vorerst Steuern zahlen auf Umsätze aus bestimmten Geschäften wie etwa dem Verkauf von digitalen Anzeigen. Bei einem Satz von drei Prozent könnten die Mitgliedsstaaten damit jährlich fünf Milliarden Euro zusätzlich an Abgaben abschöpfen. Als nächstes müssen das Europa-Parlament und die 28 EU-Mitgliedsstaaten dem Gesetzespaket zustimmen. Bei Steuerfragen ist Einstimmigkeit vorausgesetzt. Einige Länder haben bereits Widerstand signalisiert.
Das Thema stand bei einem Digitalgipfel in Estland im Herbst Mittelpunkt. Deutschland und Frankreich führten dabei eine Gruppe von zehn EU-Ländern an, die eine stärkere Besteuerung forderten.
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums begrüßt nun die Vorschläge. Sie seien besonders wichtig, da man auf internationaler Ebene zuletzt in den Fragen keine Fortschritte erzielen konnte. Zustimmung kam auch von der SPD im Europa-Parlament. Wer deutschen Kunden über das Netz Dienstleistungen anbiete, solle dort auch seine Steuern zahlen, sagte der Abgeordnete Peter Simon. "Für Google, Facebook und Co müssen steuerlich die gleichen Regeln gelten wie für den Tante Emma Laden von nebenan."