Frankfurt (Reuters) - Die EZB hält im Unterschied zu anderen großen Notenbanken an ihrem ultra-lockeren Kurs fest.
Aus Sicht von EZB-Vize Vitor Constancio bleibt die Euro-Zone trotz der jüngsten Konjunkturerholung auf erhebliche geldpolitische Hilfen angewiesen. Als Hauptgrund nannte der Portugiese am Montag die aus EZB-Sicht unerwünscht niedrige Inflation. Trotzdem wird in Deutschland die Kritik an der jahrelangen EZB-Geldschwemme mit Nullzinsen und Anleihenkäufen immer lauter. Den richtigen Weg dabei zu finden, dürfte am Dienstag wieder Thema werden, wenn EZB-Chef Mario Draghi mit den Notenbankchefs der USA und Großbritanniens diskutiert. In beiden Ländern steigen die Zinsen bereits wieder.
"Wir erfüllen noch nicht unser Mandat und deshalb muss die Geldpolitik weiterhin sehr konjunkturstützend sein", sagte Constancio in Frankfurt. Damit sichere die Europäische Zentralbank günstige Finanzierungsbedingungen, um Wirtschaftswachstum zu befördern sowie Löhne und Preise anzuschieben. Die Inflationsrate - das Hauptziel der EZB - liege noch immer unter der angepeilten Marke. Zudem sei die Hinterlassenschaft der weltweiten Finanzkrise nach wie vor in einer hohen privaten und öffentlichen Verschuldung in vielen Euro-Ländern sichtbar. "Diese hohen Schuldenniveaus machen die Länder anfällig für negative Schocks."
Im Oktober waren die Verbraucherpreise in der Euro-Zone lediglich um 1,4 Prozent gestiegen. Die EZB strebt aber knapp unter zwei Prozent an, was aus ihrer Sicht das optimale Niveau für die Konjunktur ist, jedoch seit Jahren nicht erreicht wird. Die Euro-Wächter hatten zuletzt beschlossen, ihre Anleihenkäufe ab Januar auf 30 Milliarden Euro pro Monat zu halbieren. Die Transaktionen, die für mehr Inflation sorgen sollen und momentan die schärfste Waffe der Notenbank sind, werden dafür aber bis mindestens September 2018 fortgesetzt.
Die Wirtschaft der Euro-Zone sieht Constancio weiter auf Erholungskurs. "Das Geschäftsvertrauen ist auf einem Zehn-Jahres-Hoch und Umfragedaten deuten auf anhaltendes Wachstum in der nächsten Zeit hin." Erstmals seit 2007 würden alle Euro-Länder ein reales Wachstum ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) aufweisen. Am Dienstag werden BIP-Daten aus der Euro-Zone, Deutschland und Italien erwartet.
In den USA werden die Zinsen unterdessen schon länger wieder moderat angehoben. Dieses Jahr hat die dortige Notenbank Fed die Zügel bereits zwei Mal angezogen und will noch einmal nachlegen, falls die Wirtschaft mitspielt. In der Diskussionsrunde am Dienstag in der EZB-Zentrale könnte Fed-Chefin Janet Yellen dazu weitere Hinweise geben.
Auch dürfte im Blick stehen, wie der Bank-of-England-Chef Mark Carney die Lage einschätzt. Die britische Zentralbank hatte unlängst die erste Zinserhöhung seit zehn Jahren gewagt. Anders als die Fed hatten die Pfund-Wächter in London die Zügel aber nicht wegen einer rund laufenden Konjunktur angezogen, sondern um die deutlich steigende Inflation im Zuge des Brexit-Votums einzudämmen.