Brüssel/Berlin (Reuters) - Im Streit über rasche Schuldenerleichterungen hat Griechenland Rückendeckung von der EU-Kommission erhalten.
Es gebe keinen Grund, die bereits beschlossenen Vereinbarungen in Zweifel zu ziehen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici am Donnerstag. Den vorläufigen Stopp der Pläne durch die Euro-Länder könne er nicht nachvollziehen. Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos wollte davon nichts wissen: "Die Eurogruppe hat noch keine Entscheidung getroffen", sagte er in Berlin. Es gebe nur bei einigen Ländern Klärungsbedarf zu Ankündigungen der Regierung in Athen für eine Sonderzahlung an Rentner. Diese gefährde aber die verabredeten Haushaltsziele nicht. Die Regierung brauche Handlungsspielräume und Flexibilität.
"Wir streben keine Wahlen an", ergänzte Tsakalotos. Teilweise wird spekuliert, die griechische Regierung könnte bewusst auf Konfrontationskurs zu den Geldgebern gehen, die Athen im Gegenzug für frische Mittel Reformen verordnet haben. Tsakalotos malte aber ein positives Bild der wirtschaftlichen Entwicklung seines schuldengeplagten Landes. Er sei zu 99 Prozent sicher, dass die Wirtschaft jetzt drei aufeinanderfolgende Quartale gewachsen sei. Und auch beim Primärüberschuss im Haushalt - dem Budget ohne Schuldendienste - liege das Land weit über den Zielwerten.
Der Streit über die in der Eurogruppe erst kürzlich verabredeten kurzfristigen Schuldenerleichterungen bleibt unterdessen ungelöst. In Reaktion auf die angekündigte Sonderzahlung für Rentner hatte der Euro-Rettungsschirm ESM die zugesagten Entlastungen erst einmal angehalten. Tsakalotos sagte, das Problem werde in Kürze auf Arbeitsebene der Eurogruppe diskutiert. Er sei zuversichtlich, mit den Geldgebern rasch eine Lösung zu finden.
Frankreichs Präsident Francois Hollande erklärte unterdessen, er unterstütze ein Entgegenkommen bei den Schulden. Griechenland könne es nicht zugemutet werden, weitere Sparmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras warnte vor dem EU-Gipfel vor "Erpressungen". Er glaube, dass es einen Durchbruch in den Verhandlungen geben könne. Details nannte er jedoch nicht.
Tsipras will an Rentner mit niedrigen Pensionen einmalig insgesamt 617 Millionen Euro auszahlen. Zudem soll die geplante Mehrwertsteuererhöhung für bestimmte Inseln in der Ägäis entfallen. Er begründete dies mit der zuletzt günstigen Haushaltsentwicklung und den guten Steuereinnahmen. Die Arbeitslosigkeit in dem Ägäis-Staat geht ebenfalls zurück, wenn auch nur langsam. Im Sommerquartal lag die Erwerbslosenquote bei 22,6 Prozent nach 23,1 Prozent im Frühjahr. Damit ist sie aber immer noch so hoch wie in keinem anderen europäischen Land.
Die Euro-Partner, die seit Jahren eine Staatspleite Griechenlands verhindern, hatten kritisiert, dass die Maßnahmen mit ihnen nicht abgesprochen waren. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte die Gläubiger-Institutionen IWF, EU-Kommission und EZB auf, zu klären, ob alles in Einklang mit den geltenden Verabredungen steht.[nL5N1E94NC] Nach den Regeln des derzeit laufenden 86 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramms kann die griechische Regierung nach Einschätzung von EU-Insidern die Sozialausgaben erhöhen, wenn sie ihre Haushaltsziele übertrifft. Allerdings sollte sie vor einem solchen Schritt mit den Geldgebern sprechen.