- von Elizabeth Piper und Gabriela Baczynska
London/Brüssel (Reuters) - Aus Protest gegen die Brexit-Politik von Labour-Chef Jeremy Corbyn haben sieben britische Abgeordnete die Oppositionspartei verlassen.
Sie warfen Labour am Montag Verrat vor. Der linke Flügel habe die Partei gekapert, erklärte Chris Leslie, einer der Rebellen. Er und seine Mitstreiter befürworten ein neues Referendum zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union, während Corbyn Neuwahlen oder einen EU-Austritt bevorzugt. In Labour-Kreisen wurde eine bevorstehenden Welle von Parteiaustritten nicht ausgeschlossen.
Die sieben Abgeordneten werden künftig im Parlament als "Unabhängige Gruppe" vertreten sein. "Die Labour Partei, der wir beigetreten sind, für die wir gekämpft haben und an die wir geglaubt haben, ist nicht mehr die Labour Partei von heute", erklärte Leslie. Der Austrittsplan der Regierung solle durchgewunken werden anstatt dem Volk das letzte Wort zu geben. Die Abgeordneten nannten als weiteren Grund für ihren Schritt seinen Umgang mit Antisemitismus-Tendenzen. Sie werfen ihm vor, nicht dagegen angegangen zu sein. Corbyn weist das zurück. Über die Parteiaustritte zeigte er sich enttäuscht.
Der Streit über Corbyns Politik reicht länger zurück: Unter ihm ist die Partei deutlich nach links gerückt. Dagegen hatte sich Labour unter dem ehemaligen Premierminister Tony Blair stärker zur Mitte orientiert, hatte die Macht übernommen und sie 13 Jahre gehalten. Der Streit über den Austritt aus der EU stellt dabei nicht nur die Oppositionspartei vor eine Belastungsprobe. Auch unter den Tories von Premierministerin Theresa May gärt es: Den von ihr ausgehandelten EU-Brexit hat das Parlament krachend abgelehnt. Hinweise auf eine bevorstehende Austrittswelle liegen aber nicht vor.
Der Aufstand in der Labour-Partei erfolgt 39 Tage vor dem Austrittstermin am 29. März. Sollte das Parlament in London nicht noch einem Abkommen mit der EU zustimmen, droht ein ungeordneter Brexit, mit möglicherweise schweren Folgen für die Wirtschaft auf beiden Seiten. Der irische Außenminister Simon Coveney klagte in Brüssel nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen, dass sein Land hunderte Millionen Euro für Vorbereitungen auf einen derartigen "No Deal"-Brexit ausgeben müsse. Dies wäre ein "irrsinniger Ausgang" der jahrelangen Verhandlungen, sagte er. "Wir wollen das nicht tun müssen."