London (Reuters) - Die britische Premierministerin Theresa May hat das Parlament vor einer Ablehnung ihres mit der Europäischen Union (EU) ausgehandelten Brexit-Abkommens gewarnt.
In einem solchen Fall würde sich Großbritannien auf "unbekanntes Terrain" begeben, sagte May am Sonntag der BBC. Auch könne durch das Ringen um einzelne Passagen des Vertrags der gesamte Ausstiegsplan scheitern. "Perfektionismus sollte nicht der Feind des Guten werden, weil wir dann Gefahr laufen, gar keinen Brexit zu haben." Einer zweiten Volksabstimmung über den Verbleib in der EU erteilte die konservative Politikerin erneut eine Absage und erklärte, sie sei vor dem geplanten Austrittsdatum am 29. März auch gar nicht machbar. Bei einem solchen Referendum hätten einer Umfrage zufolge derzeit die Brexit-Gegner die Oberhand.
Sie könne schlicht nicht sagen, was passieren werde, wenn ihr mühsam mit der EU verhandeltes Abkommen im heimischen Parlament nicht angenommen werde, sagte May. Berichte, dass sie das für die kommenden Tage vorgesehene Votum erneut verschieben könnte, wies die Regierungschefin zurück. Die Abstimmung im Parlament werde wie geplant um den 15. Januar herum stattfinden.
Gegen die Brexit-Vereinbarung gibt es nicht nur in der Opposition, sondern auch in Mays eigenen Reihen Widerstand. Auf Ablehnung stößt vor allem die Notfallregelung, mit der eine feste Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden soll. Dieser sogenannte Backstop würde das Vereinigte Königreich Kritikern zufolge langfristig an die EU binden. Bislang hat die britische Regierung erklärt, dass Großbritannien die EU ohne einen Deal verlässt, wenn das Unterhaus nicht zustimmt.
Wenige Tage vor dem Showdown im Parlament bekräftigte May ihre Ablehnung einer neuen Volksabstimmung. Diese drohe das Land zu spalten und würde jene vor den Kopf stoßen, die sich beim ersten Referendum mit ihrem Votum für den Brexit durchgesetzt haben. Zudem reiche die Zeit dafür nicht. "Praktisch ist es gar nicht möglich, rechtzeitig vor dem 29. März ein Referendum anzuberaumen", sagte May und verwies auf die Zwei-Jahresfrist zwischen dem im März 2017 gestellten Ausstiegsantrag und dem tatsächlichen Ausstieg aus der EU.
Wenn es jedoch derzeit eine zweite Volksabstimmung gäbe, sprächen sich 46 Prozent für einen Verbleib in der EU und 39 dagegen aus. Das geht aus einer am Sonntag veröffentlichten Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov hervor. Die übrigen Befragten würden demnach entweder nicht an einem solchen Referendum teilnehmen, sind noch unentschieden oder wollten sich nicht äußern. Wenn die Unentschlossenen und die Befragten ohne Angaben herausgerechnet werden, liegt das Verhältnis bei 54 Prozent für und 46 Prozent gegen eine EU-Mitgliedschaft. Bei dem Referendum 2016 waren die EU-Befürworter mit 48 Prozent den Brexit-Anhängern mit 52 Prozent unterlegen.