STUTTGART (dpa-AFX) - Wegen Spar- und Kostendrucks streicht der Südwestrundfunk (SWR) in seinem TV-Programm und plant den Verkauf mehrerer Immobilien. Es geht um Einschnitte in Verwaltung, Produktion, Infrastruktur und Programm, wie der öffentlich-rechtliche ARD-Sender am Montag in Stuttgart mitteilte. So sollen voraussichtlich rund 280 Millionen Euro - also umgerechnet pro Jahr rund 70 Millionen Euro - in den nächsten vier Jahren eingespart werden. In den vergangenen Wochen haben mehrere ARD-Sender, darunter der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), Saarländischer Rundfunk (SR) und Hessischer Rundfunk (HR) Sparpläne bekanntgemacht. Die Sender wollen so auch Geld für den Ausbau des digitalen Angebots freischaufeln. Einige Beispiele, was beim SWR geplant ist:
Immobilienverkauf
"Der SWR trennt sich von Immobilien, die sanierungsbedürftig, ineffizient oder nicht mehr unbedingt erforderlich sind", hieß es. SWR-Intendant Kai Gniffke sagte im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur zu den Sparplänen: "Einer der größten Brocken sind die Immobilien."
Demnach wird das eigenständige SWR3 Studio in Mannheim geschlossen. Stattdessen werde SWR3 nun vom SWR Studio Mannheim/Ludwigshafen mit beliefert. Drei SWR-Lager werden komplett geräumt und verkauft. Der Sender hat sich bereits von mehreren Liegenschaften in Baden-Baden getrennt. "Es gibt Prüfaufträge für weitere Gebäude, die im Moment noch durch den SWR genutzt werden", sagte Gniffke. Man werde auch angemietete Räumlichkeiten aufgeben - darunter ist ein Stuttgarter Redaktionsstandort des Formats "Nachtcafé".
Zudem werden die verbliebenen Autowerkstätten in Mainz und Stuttgart geschlossen. Ebenso die Hausdruckerei in Stuttgart. Man ziehe die Aktivitäten am Druckerei-Standort Baden-Baden zusammen. Entlassen wird demnach niemand.
Nur noch dreimal lachen
Das prominenteste Beispiel für die Einsparungen im Programm ist der Showklassiker "Verstehen Sie Spaß?" mit Barbara Schöneberger. Künftig steuert der SWR für das ARD-Hauptprogramm Das Erste nur noch drei statt fünf Shows im Jahr bei. Von der jahrzehntealten Traditionssendung, bei der Promis und andere Leute auf die Schippe genommen und dabei gefilmt werden, soll es verstärkt exklusive Clips für die ARD Mediathek und Inhalte, die man auf Plattformen wie Youtube sehen kann, geben.
Gniffke sagte: ""Verstehen Sie Spaß?" ist eines der erfolgreichsten Digitalprodukte, die wir haben. Es ist nach der "Tagesschau" der erfolgreichste ARD-Digitalkanal auf Youtube mit 1,49 Millionen Followern." Der Senderchef, der aktuell auch ARD-Vorsitzender ist, ergänzte: "Wir müssen mehr tun für Menschen, die nicht vor dem Fernseher sitzen."
Die SWR-Literatursendung "Lesenswert" und die dazugehörige Talkrunde "Lesenswert Quartett" mit dem bekannten Literaturkritiker Denis Scheck - im SWR Fernsehen und in der ARD Mediathek zu sehen - werden eingestellt. Ebenso die Sendung "Mathias Richling Show". Mit Comedian Richling sind stattdessen ein Podcast und die Fortführung eines Youtube-Formats geplant. Verzichten wird der SWR auf die Sendungen "Advent live" und "Comedy vom Rhein" sowie auf die Übertragung der Events "Umzug Deutsches Weinlesefest", "Rhein in Flammen" und "Seenachtsfest". Der SWR legt damit bei den Programmeinsparungen den Fokus auf den Unterhaltungsbereich.
Warum der SWR spart
Die gesamte ARD hatte ihre Finanzpläne der Kommission KEF, die daraus eine Empfehlung zur Höhe des Rundfunkbeitrags errechnet, vorgelegt. Die Finanzexperten hatten an vielen Stellen zusammengestrichen. Auf die Frage, ob es ein strukturelles Defizit geben würde, wenn die KEF das akzeptiert hätte, was die ARD ursprünglich angemeldet hatte, sagte Gniffke der dpa: "Dann wäre es einigermaßen auf Null ausgegangen."
Es gibt eine weitere Unsicherheit: Alle öffentlich-rechtlichen Medienhäuser können momentan nicht fest davon ausgehen, dass der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2025 um 58 Cent auf 18,94 Euro - wie von der KEF empfohlen - steigt. Einige Ministerpräsidenten stemmen sich gegen ein Plus. Der Fall könnte vor dem Bundesverfassungsgericht landen.
Die Sparmaßnahmen werden sich nach SWR-Angaben ab 2025 in den Folgejahren steigern. Über die gesamte nächste vierjährige Beitragsperiode hinweg sollten es 280 Millionen Euro sein. Der Sparbetrag errechnet sich laut Gniffke aus den laufenden Kosten und den damit verbundenen prognostizierten Steigerungsraten.
Derzeit arbeiten im SWR als zweitgrößtem ARD-Sender nach dem WDR rund 3600 fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Schon lange gibt die KEF eine Reduktion im öffentlich-rechtlichen Rundfunk des Personals um 0,5 Prozent vor. Rein rechnerisch wären das beim SWR innerhalb einer Beitragsperiode von vier Jahren 72 Planstellen. Gniffke sagte: "Es kann gut sein, dass wir aufgrund der Einsparerfordernisse darüber hinaus kommen.